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Archiv-Artikel

Grüne wollen unaufgeregt in den Bundestag

Auf ihrem Landesparteitag in Düsseldorf beraten die Grünen über Personal und Programm für die Bundestagswahlen. Die Spitzenkandidatin Bärbel Höhn aber gilt bereits als gesetzt. Inhaltlich dominiert erstmalig die Arbeitsmarktpolitik

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn wird die Landesgrünen in den Bundestagswahlkampf führen. Auf dem Parteitag am Wochenende im Düsseldorfer „CongressCenter“ wird der grüne Star keine Gegenkandidaten fürchten müssen – für den ersten Listenplatz dürfte nur Höhn aufgestellt werden. Auch Landesparteichefin Britta Haßelmann gilt auf Platz drei als gesetzt. Mit ihrem sicheren Wiedereinzug rechnen können auch der Umweltpolitiker Reinhard Loske und der Kölner Volker Beck, bisher rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion – die beiden grünen Männer dürften aber im Kampf um die Plätze zwei und vier gegeneinander antreten.

Weitaus weniger sicher ist die Besetzung der weiteren Listenplätze. Auf Platz fünf könnten Christa Nickels, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Außen-Staatsministerin Kerstin Müller und NRW-Landesgruppensprecherin Irmingard Schewe-Gerigk kandidieren. Und um Platz sechs könnten der Unnaer Agrarexperte Friedrich Ostendorff, der Dortmunder Sozialpolitiker Markus Kurth und der Münsteraner Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei gegeneinander antreten. 21 weitere Kandidaten rangeln um die restlichen Plätze – sicher dürfte die Landesliste bis höchstens Platz zehn ziehen.

Auf der Parteilinken aber regt sich Widerstand gegen die mangelnde Rotationsbereitschaft der Alt-Abgeordneten – bis auf Höhn will das bekannte Berliner Personal seinen Wiedereinzug sichern. Nur der über die Visa-Affäre gestolperte Ex-Außenstaatsminister Ludger Volmer verzichtet auf sein Mandat. „Von einer Erneuerung ist nichts zu spüren“, sagt Rüdiger Sagel, Landtagsabgeordneter aus Münster. „Ich weiß nicht, wie wir mit den gleichen Leuten eine andere Politik umsetzten wollen.“

Doch das andere Schwerpunkte für den Erfolg nötig sind, bezweifelt bei den Grünen niemand mehr. Erstmals soll die Arbeitsmarktpolitik im Zentrum des Wahlkampfs stehen – mit ökologischem Schwerpunkt, versteht sich. „Wir haben in NRW eine klare Niederlage erlitten. Im Zentrum des Wahlkampfs stand zweifellos das ungelöste Problem der Massenarbeitslosigkeit“, so der Landesvorstand der Partei in seinem Leitantrag selbstkritisch. „Wir müssen uns auch eingestehen, dass wir für Millionen Menschen keine Arbeit haben“, sagt der Parlamentarier Ostendorff. Wichtig sei deshalb besonders die Diskussion über die „armutsfeste Grundsicherung“.

Die Partei weiter nach links rücken will auch der Finanzpolitiker Sagel. In einem Änderungsantrag will der Münsteraner die Einführung der Tobin-Steuer auf Spekulationserträge und höhere Unternehmenssteuern fordern. Sagels Kreisverband sorgt sich um das europäische Projekt: Die EU soll durch eine Stärkung der Volksentscheide demokratischer, aber auch sozialer werden. „Europa ist derzeit aber nicht das Hauptinteresse der Wähler“, hält der Biobauer Ostendorff dagegen. „Die Leute wollen wissen, wo sie morgen arbeiten. Selbst die Menschen, die Arbeit haben, sind doch mehr als verunsichert.“ ANDREAS WYPUTTA