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Unter der Bettdecke

Romantische Gefühle kompensiert im Sturm

Calibanfoto: reuters

Bei der Arbeit im Homeoffice und mit Blick aus dem Fenster auf den Sturm und die vom heftigen Wind durchgeschüttelten Bäume überkam uns kleine Bildungsbürger gestern ein geradezu romantisches Gefühl: Draußen der Sturm, und drinnen der Aufruhr der Seele. Eher gerührt als erschüttert mussten wir an olle Shake­speare denken und sein vortreffliches Stück „Der Sturm“. Im zweiten Akt trifft der Narr Trinculo auf den Unhold Caliban, der sich unter einem Umhang versteckt. Trinculo, der von Caliban für einen Geist gehalten wird, sagt sich und uns: „O weh, der Sturm ist wieder da! Das Beste ist, ich krieche unter seinen Umhang, denn es gibt hier keinen anderen Schutz: Die Not macht einen Mann mit seltsamen Bettgenossen bekannt. Hier will ich mich unterducken, bis der Bodensatz des Sturms vorbei ist.“ So einen Bettgenossen wie Caliban hätten wir im Sturm auch gern gehabt. Mit einem wilden Unhold unter die Bettdecke flüchten, das wär’s gewesen. Aber man kann nicht alles haben. Wir guten Zauberer von der Wahrheit kompensieren lieber die stürmischen Gefühle mit dem Verfassen kulturell wertvoller Texte für unsere geneigten Leser.

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