: Liebe, Berge und Schicksal
Michael Kochs Spielfilm „Drii Winter“ (Wettbewerb)
Von Fabian Tietke
Frühsommer in den Schweizer Alpen, Vorbereitungen für das Weiden der Kühe auf den Bergwiesen oberhalb des Tals. Wieder und wieder hebt Marco (Simon Wisler) den Vorschlaghammer über die sonnenverbrannten Schultern, schlägt Zaunpfahl nach Zaunpfahl ein. Abends im Gasthof sind es wieder die Kühe, die im Zentrum der Gespräche stehen. Die Kühe – und die Beziehung von Anna (Michèle Brand), der Tochter der Inhaberin des Gasthofs, zu Marco. Einen Winter erst ist Marco im Tal, den ersten von dreien, die er in dem Tal verbringen wird. „Drii Winter“ von Michael Koch ist einer von zwei Schweizer Beiträgen im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale. So viel Schweiz war lange nicht mehr.
Anna und Marco heiraten. Das Glück währt kurz. Gerade als die Almbauern ihn über seine Arbeitskraft zu akzeptieren beginnen, wird ein Hirntumor festgestellt. Zu Beginn des zweiten Winters wird Marco operiert, überlebt, ist aber nicht mehr derselbe. Die Leistungsfähigkeit ist weg, er verliert den Job, verliert die Kontrolle über sein Leben. Anna muss miterleben, wie der Mann, den sie liebt, ihr entgleitet.
Koch entfaltet die Erzählung seines Films in ruhigen Bildern und sehr gemächlich. „Drii Winter“ ist ein karger Film. Strukturiert wird der Film durch die Jahreszeiten, die Winter, die den Film wie Akte eines Stücks gliedern. Diese Nähe zum Theater wird durch einen Chor, den Koch in der Umgebung der Handlung positioniert hat, weiter unterstrichen. Die Texte der Lieder verdichten die Handlung des Films.
„Da kommt wieder einer“, aus dem Nichts des Nebels über dem Hang eines Berges knallt ein Heuballen auf einen Heuhaufen im Tal. Ein Bauer und sein Gehilfe nehmen den Ballen, der an einem Stahlseil hinuntergerutscht ist, entgegen, kurz darauf folgt der nächste. Armin Dierolfs Bilder wirken nicht selten überkontrolliert. Die zahlreichen Nahaufnahmen der Figuren sind oft zentriert, die Gezeigten stehen, gehen, sitzen starr in der Bildmitte. Die bewegteren Aufnahmen des Arbeitens in den Bergen oder von Annas Leben im Dorf bilden einen erfreulichen Kontrast zu diesen sehr ikonischen Aufnahmen. Diese Bilder tragen gemeinsam mit den Darsteller_innen den Film auch über die Längen hinweg. Von den beiden Protagonist_innen bis in die Nebenrollen ist „Drii Winter“ ein hervorragend besetzter Film. Am wahrscheinlichsten in Reichweite des Films scheint denn auch ein Schauspiel-Bär.
16. 2., 21 Uhr, Cinemaxx 6
16. 2., 21 Uhr, Cinemaxx 7
18. 2., 11.30 Uhr, Berlinale Palast
19. 2., 15 Uhr, Urania
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen