: Das Bielefelder Gefühl
Notizbuch: Hinweis auf die aktuelle Ausgabe von „Literatur in Westfalen“,die einen großen Sonderteil zum Autor Wiglaf Droste enthält
Der 2019 verstorbene Schriftsteller, Satiriker, Sänger (und einst auch taz-Redakteur) Wiglaf Droste war neben allem anderen, was er sonst noch war, ein Sohn Ostwestfalens. Dieser, wie manche sagen, landschaftlich und menschlich herausgeforderten Gegend hat Wiglaf Droste einige Texte gewidmet, etwa die zuerst in der taz erschienenen Stücke „Tünseliges Ostwestfalen“ und „Dies Gefühl heißt Bielefeld“, im Letzteren findet sich der schmähende Zweizeiler: „Nicht abgeholt, obwohl bestellt / Dies Gefühl heißt Bielefeld“.
Was nun viele Menschen nicht wissen: Es gibt eine Literaturkommission für Westfalen, die dazu da ist, die Literaturgeschichte dieser Gegend zu erforschen und zu vermitteln und zu diesem Zweck das Periodikum „Literatur in Westfalen“ herausgibt. Die aktuelle Ausgabe zeigt, dass Westfalen nicht so nachtragend sein müssen, wie Wiglaf Droste selbst es manchmal sein konnte. Sie enthält einen umfangreichen Sonderteil, in dem sich Texte Wiglaf Drostes mit den erschienenen Nachrufen und Erinnerungen an den „barock-brachialen“ Satiriker (Carsten Otte) abwechseln. Tatsächlich kommt eine illustre Autorenrunde zusammen, Eckenga, Waibel, Bittermann, Küppersbusch, Dobler und manche mehr, dazu gibt es Gespräche mit Droste von Gisela Steinhauer und Daniela Steppe.
Auch sonst weiß der Band über die Literaturgeschichte Westfalens einiges zu berichten. Der in Göttingen geborene Lyriker und Übersetzer Jürgen Brôcan schreibt über den Briefwechsel zwischen Arno Schmidt und Hans Wollschläger, der Bielefelder Literaturwissenschaftler Nils Rottschäfer führt ein in die angesagten Essays von Enis Maci. Interessant sind auch die „Gespräche zur Kreativität in der Krise“, die Hannah von Legat und Annika Schütt mit in Westfalen geborenen Autoren geführt haben, etwa mit Martin Becker und Thorsten Nagelschmidt. Wie es Ostwestfalen angemessen sein mag, endet dieser Hinweis ohne Pointe. (drk)
„Literatur in Westfalen. Beiträge zur Forschung 18“. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2022, 356 Seiten, 29,80 Euro
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