: Nun tanzt er mit seinem Vater
Am vergangenen Freitag ist die Soul-Legende Luther Vandross verstorben – er wurde nur 54 Jahre alt
Gäbe es in der Karriere des Luther Vandross ein wirklich goldenes Jahr, dann muss das 1993 gewesen sein. Da ging Frank Sinatra im Alter von 77 Jahren ein letztes Mal ins Studio, um Duette aufzunehmen mit Musikern seines Geschmacks, also mit Liza Minelli, mit Charles Aznavour, mit Aretha Franklin – und mit Luther Vandross. Und 1993 war es auch, als Luther Vandross, begleitet von Streichern des US-Militärorchesters, bei der Inaugurationsfeier des Präsidenten Bill Clinton ein zuckersüßes „Stand By Me“ zum Vortrag brachte.
Dagegen wirkten die vier Grammys, die Luther Vandross 2004 in der extrem dehnbaren Kategorie „Rhythm & Blues“ abräumte, schon ein wenig wie die abschließende Würdigung seines Lebenswerkes. Zumal da bereits zu befürchten stand, dass einer der geschmeidigsten Interpreten des Soul, damals 53, wohl nie wieder ganz von einem Schlaganfall genesen würde, der ihn 2003 ereilt hatte.
Dabei hatte die Karriere dieses Künstlers, der in den Achtzigerjahren in einem Atemzug mit Säulenheiligen wie Prince, Stevie Wonder und Michael Jackson genannt wurde, in den Siebzigerjahren einen denkbar profanen Ausgang genommen. Mit Jingles für Werbeclips musste sich Luther Vandross durchschlagen, bis er als Hintergrundsänger für die heute längst vergessenen Produktionen anderer Musiker entdeckt wurde. Erst 1981 konnte er als Solokünstler mit seiner elastischen Stimme reüssieren.
Aber obwohl sich sein Debüt („Never Too Much“, 1981) überraschend zwei Millionen Mal verkaufte, wechselte Vandross immer wieder auf sein zweites Standbein, die Arbeit hinter dem Mischpult. Der damals schon betagten Aretha Franklin verhalf er auf diese Weise zu einem dritten Frühling – und sich selbst zu einem Ruf als „weiche Version“ von Quincy Jones – dem Mann, der für die großen Hits von Michael Jackson verantwortlich war.
Nebenbei veröffentlichte er Soloplatten wie „Forever, For Always, For Love“ (1982), „Give Me The Reason“ (1986) oder „Any Love“ (1988), die sich alle zwar millionenfach verkauften, dennoch aber auf ein spezielles Soul-Publikum zugeschnitten blieben. Den Durchbruch zum echten Welterfolg schaffte Vandross erst mit „The Best of Luther Vandross … The Best of Love“, einer Sammlung seiner größten Hits. Und es war erst das einzige neue Stück auf dieser Platte, „Here and Now“, das ihm seinen ersten Hit in den Top Ten bescherte.
„Power of Love (1991) und „Never Let Me Go“ (1993) surften noch eine Weile auf Vandross’ enormer Popularität, konnten aber den Verdacht nicht mehr ausräumen, der Künstler verliere sich in den technischen Möglichkeiten des Studios und wiederhole sich allmählich selbst – was vor allem für die eher beschränkte Thematik in den Texten des überzeugten Junggesellen galt, die stets nur ein Thema variierten: die Liebe.
Erst in den letzten Jahren wich der Herzschmerz der Spiritualität: „How I’d love, love, love to dance with my father again“, sang er auf der letzten Single, die zu seinen Lebzeiten erschien.
Am vergangenen Freitag ist Luther Vandross in einem Krankenhaus in New Jersey im Kreise seiner Familie den Folgen des Schlaganfalls und eines schweren Diabetes erlegen.
ARNO FRANK