: NRW steckt knietief im Dispo
Der Landesrechnungshof warnt die schwarz-gelbe Landesregierung vor steigenden Ausgaben für Personal und Pensionen. Auch Experten fordern Konsolidierung. Der Beamtenbund ist dialogbereit
VON KLAUS JANSENUND JÖRN-JAKOB SURKEMPER
Der nordrhein-westfälischen Landesregierung wachsen die Personalkosten über den Kopf. Vor allem die hohe Belastung durch Beamtenpensionen lasse „eine weitere Einengung des wirtschaftlichen Gestaltungsspielraums erwarten“, heißt es im gestern vorgestellten Berichts des Landesrechnungshofs. Dessen Präsidentin Ute Scholle sagte in Düsseldorf, dass der Landeshaushalt „Anlass zu erheblicher Sorge“ bereite und forderte eine schnelle Haushaltskonsolidierung.
Die Rekordquote von 62 Prozent der Steuereinnahmen hat das Land im vergangenen Jahr für Lehrer, Polizisten und Bedienstete in Verwaltung und Landesgesellschaften ausgegeben. Dramatischer noch ist die Entwicklung der Versorgungsleistungen: Im Jahr 2005 machen Pensionszahlungen noch 9,1 Prozent der Gesamtausgaben des Landes aus, bis zum Jahr 2020 wird dieser Anteil nach einer Rechnung des NRW-Finanzministeriums auf 15,7 Prozent steigen. Der Landesrechnungshof geht in seinem Bericht jedoch davon aus, dass selbst diese Quote „noch überschritten“ wird.
Der rapide Anstieg der Versorgungsleistungen wird nach Meinung von Experten das zentrale finanzpolitische Problem vor allem der westdeutschen Länderhaushalte. „Was da kommt, ist Heavy Metal“, sagt der Dresdener Finanzwissenschaftler Helmut Seitz. „Die Verbeamtung von Angestellten sieht nur auf den ersten Blick billig aus, weil man dann nicht in die Rentenversicherung zahlen muss – auf Dauer ist sie teurer“, sagt Seitz. Da die Länder aber bislang keine Rückstellungen für Beamtenpensionen gebildet haben, ist ein schnelles Umsteuern nahezu unmöglich. Zumindest bei zukünftigen Einstellungen solle NRW – wie es das Bundesland Sachsen vormacht – Geld für Pensionen zurückstellen, fordert Seitz. „Wir brauchen eine Verpflichtung zur Vorsorge“, so Seitz zur taz.
Der Landesrechnungshof versteht sich zwar als politisch neutrale Instanz – dennoch dient der Bericht der schwarz-gelben Landesregierung als Steilvorlage. „Wenn die Präsidentin des Rechnungshofes jetzt Sparmaßnahmen fordert, dann stößt das bei uns auf offene Ohren“, sagt eine Sprecherin von Finanzminister Helmut Linssen (CDU). Der Minister habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass er einen eisernen Sparkurs verfolgen werde. Bereits vergangenen Donnerstag hatte Linssen eine Haushaltsperre für alle freiwilligen Leistungen des Landes und einen Einstellungsstop für neues Personal verhängt. Ausgenommen hiervon sei nur der Bildungsbereich. Im Koalitionsvertrag war bereits die Rede davon, 1,5 % der Personalkosten einzusparen. Mehr als 100 Millionen Euro wird dies allerdings nicht einbringen.
Ralf Eisenhöfer, Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, zeigt sich angesichts der Sparpläne dialogbereit – sofern der Stellenabbau sozialverträglich geschehe und auch mit einem Aufgabenabbau einhergehe: „Ein Stellenabbau nach dem Hauruckverfahren wäre für uns nicht hinnehmbar“, so Eisenhöfer. Was den steigenden Anteil an Versorgungsleistungen für pensionierte Beamten betrifft, wirft auch er der Politik insgesamt Versagen vor: „Die Politik hat 40 Jahre lang nichts zurückgelegt. Es wäre nicht einzusehen, wenn das jetzt auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen würde.“ Konkrete Gespräche über den Stellenabbau sind nach der Sommerpause geplant.