Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Über soziale Funktionsstörungen wie Fremdenfeindlichkeit, Alkoholismus oder Pädophilie kann man immer wieder in der Zeitung lesen. Besonders, wenn sie aus dem brandenburgischen Umland vermeldet werden, schrecken sie die Hauptstadtbewohner auf. Im vorliegenden Fall jedoch kann Entwarnung gegeben werden, jedenfalls was das Örtchen Netzeband betrifft. Dort nämlich gibt es schon seit vielen Jahren ein Kulturgut mit Theatersommer. In diesem Jahr steht auf der Freilichtbühne im Park Jürgen Heidenreichs hoch gelobte Figurentheaterversion von Dylan Thomas „Unter dem Milchwald“ auf dem Programm. Die Geschichte spielt in einem fiktiven Dorf, dessen Bewohner von besagten sozialen Störungen befallen, in der Verkörperung von Heidenreichs überdimensionierten Figuren allerdings einigermaßen spektakulär anzusehen sind.Auch in der Volksbühne gibt es zum Spielzeitende noch einmal Figurentheater zu sehen, und zwar Suse Wächters, Jürgen Kuttners und Tom Kühnels wunderbareres Hysterienspiel „Helden des 20. Jahrhunderts“.Meisterhaft versteht es die Schauspielerin und Sängerin Meret Becker, in den Extremen des Lebens das Poetische aufleuchten zu lassen. In ihrem neuen Liederabend „Høllekin gen 35°“ besingt sie das dauernde Licht des Sommers, das ewige Dunkel des Winters und das Eismeer in Finnland und entdeckt mit ihren Ars-Vitalis-Musikern den finnischen Tango dazu. Premiere ist am Donnerstagabend in der Bar Jeder Vernunft.In der Arena ist zum zehnjährigen Bestehen die hinreißende französische Theatercompagnie von Jérôme Deschamps „Deschamps et Markeiéff“ zu Gast, und zwar mit ihrem aberwitzigen Stück „Les Étourdis“, was zu Deutsch so viel wie „Die Leichtsinnigen“ heißt. Anschließend empfiehlt sich ein Sprung ins benachbarte Badeschiff.