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Ein Job mit allen Gefühlsregungen

Zum Ende seiner Amtszeit stellt sich DFL-Chef Christian Seifert selbst ein gutes Zeugnis aus und weist zudem auf den riesigen Reformbedarf im DFB hin. Und auch für andere hat er ein paar Tipps

Von Frank Hellmann

An seine Anfangstage erinnert sich Christian Seifert gut. Als er vor mehr als 16 Jahren bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) begann, residierte die Liga-Vereinigung der 36 Profivereine noch in einem Anbau vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) am Ende der Otto-Fleck-Schneise im Frankfurter Stadtwald. 24 Mitarbeiter, untergebracht auf einer halben Etage. „Der damalige Generalsekretär Horst R. Schmidt hat akribisch darauf geachtet, dass das Schild nicht größer ist als das vom DFB-Reisebüro.“

Aus einem gefühlten „Start-up-Unternehmen“ mit damals noch nicht so klarer Zuständigkeit für die Belange des deutschen Profifußballs wurde unter dem Vorsitzenden der Geschäftsführung „eine der effektivsten Liga-Organisationen und innovativsten Medienunternehmen weltweit“, wie Seifert selbst findet. Ehe das Coronavirus auch den weltweiten Sportbetrieb infizierte, präsentierte der DFL-Chef aus der Zentrale im Frankfurter Westend jedes Jahr neue Rekordzahlen. Gesamtumsatz der Bundesliga zuletzt: vier Milliarden Euro. Und der 52-Jährige betont mit Blick auf die ausgehandelten Medienverträge: „Uns ist es unter dem Strich gut gelungen, die Balance zu halten.“ Die Bundesliga habe von den Topligen die „wenigsten Anstoßzeiten, beste Stadioninfrastruktur, meisten Zuschauer und beste finanziellen Stabilität – auch nach der Coronakrise.“ Seine Vereinigung müsse man sich wie einen Tanker „mit 36 sehr unterschiedlichen Besatzungsmitgliedern“ vorstellen.

Noch immer würden Umfragen belegen, dass sich die Leute vor allem drei Dinge von der Bundesliga wünschen: „Guter Fußball, Spannung, Unterhaltung.“ Bei allen Wertedebatten, das ist der Ratschlag des scheidenden Bundesliga-CEO, dürfe man digitale Innovationen, Wachstum und die Frage nicht vergessen, Kinder und Jugendliche weiter für den Fußball zu begeistern.

Die Bundesliga sei „eine der letzten Bezugspunkte“ für die Gesellschaft, findet er. Sein unruhiger Job („Work-Life-Balance war nicht zu realisieren“) habe dabei alle Gefühlsregungen beinhaltet, er sei „aufregend, inspirierend, kreativ, manchmal auch ernüchternd“ gewesen. Letzteres betrifft die völlig zerrüttete Beziehung zwischen DFL und DFB. In seiner letzten Medienrunde sparte Seifert nicht mit Kritik am Verband, aus deren Präsidialausschuss er sich bereits im Herbst 2020 zurückgezogen hatte, weil er nicht für Dinge haftbar gemacht werden wollte, von denen er keine Kenntnisse hat. „Das Verhältnis ist auf einem absoluten Tiefpunkt“, sagt er heute. Darin liege auch eine Chance, fügte er fast schon sarkastisch an: „Das Verhältnis kann sich nicht weiter verschlechtern.“

In seiner letzten Medienrunde sparte Seifert nicht mit Kritik am Deutschen Fußball-Bund

Was ihn denn in den DFB-Gremien gestört habe? „Mir wurde mehrfach glatt ins Gesicht gelogen.“ Vor allem der Bruch mit dem DFB-Interimspräsidenten Rainer Koch ist nicht mehr zu kitten. Seifert kann es auch nicht verstehen, dass das von ihm mit DFB-Direktor Oliver Bierhoff nach der vermasselten WM 2018 auf den Weg gebrachte „Projekt Zukunft“, das umfangreiche Reformen im Nachwuchsbereich vorsah, „gerade versandet“.

Seifert warnt den Mutterverband davor, im März einfach nur mit Topkandidat Bernd Neuendorf den nächsten DFB-Chef zu küren: „Mit nur einer Person an der Spitze ändern Sie gar nichts.“ Auch Politik- und Medienschaffenden hat Seifert noch etwas mitzuteilen. Deutschland habe seine führende Rolle bei der Pandemiebekämpfung „deutlich eingebüßt“. Es sei an der Zeit, nicht nur auf Virologen zu hören, sondern auch die Meinung von Soziologen, Psychologen oder Volkswirtschaftlern einzuholen. Überdies solle man die Menschen in der Fußgängerzone einfach mal fragen, was sie bewege, empfiehlt der Badener und hat auch schon eine Antwort parat: „Die allermeisten Menschen in diesem Land können die schon fast hysterische Debatte um Gendersternchen nicht nachvollziehen. Die wollen in den Urlaub fliegen, ihr Nackensteak grillen und am Wochenende Fußball gucken – und bei der nächsten Weltmeisterschaft das Nationaltrikot anziehen, ohne gleich im rechten Lager verortet zu werden.“

Aus einer zeitweise bis zu vierköpfigen Geschäftsführung blieb am Ende nur Christian Seifert übrig. Seine Nachfolgerin Donata Hopfen wird nicht ad hoc alle seine Aufgabenfelder allein beackern können. Der Aufsichtsrat hat bereits für eine zweiköpfige Geschäftsführung grünes Licht gegeben. Seifert sieht in der 44-Jährigen eine „gut vernetzte, extrem engagierte Managerin“. Es sei einfach Zeit „für eine neue DFL – mit neuen Menschen, neuen Energien, neuen Ideen.“

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