: Wenn man auf einmal bei der Ehre gepackt wird
Berlin-Neukölln
Rund 328.000 Einwohner.
Der Bezirk zählt zu den am dichtesten besiedelten Innenstadtgebieten in Deutschland.
Spätabends, auf dem Weg nach Hause, Sonnenallee, Neukölln. Jener Abschnitt der Straße, dessen Mittelstreifen leider keine Flaniermeile ist, sondern Parkraum. An der Seite jede Menge Bars, Restaurants, arabisch durchweg. Einer ruft, als ich ihn passiere: „Hast du mal ’ne Zigarette?“ Ich passiere ihn reaktionslos.
Angeschnorrt und angebettelt zu werden in Berlin ist – anders als in Hamburg oder München –, überall und immer üblich. Manche geben, die meisten müssen üben, auch „Nein!“ zu sagen. Hier war es fällig: Man kann nicht allen und immer aus der klammen Lage helfen. 30 Meter entfernt von dem jungen Mann dann wiederum seine Stimme: „Ach, sei doch nicht so geizig.“ In astreinstem Deutsch, etwas traurig die Stimme, sein Satz eher wie zu sich selbst gesprochen.
Das war aber ein schlimmer Vorwurf: Geiz. Wer will das schon sein? Weder sonst wo und schon gar nicht in Berlin. Also ging ich zurück, das schlechte Gewissen sofort besänftigen wollend. Drehte schon mal eine, und weil das Wetter ziemlich kalt war und überhaupt, gleich noch ’ne zweite Zigi. Er bedankte sich und gab mir Feuer für meine dritte. Kommt beim Schnorren offenbar immer auf den Ton an, der seine war marketingmäßig einfach richtig. Jan Feddersen
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