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Wenn Marx den Fußball erklärt

Berlin-­Karlshorst

28.206 EinwohnerInnen.

Im dem Ortsteil von Berlin-­Lichtenberg kapitulierte die Wehrmacht 1945 bedingungslos. Bis in die 1990er waren hier russische Soldaten stationiert.

Union (das ist der Ostberliner Fußballklub) hat Hertha (den Westberliner Klub) geschlagen. Das wissen wir zwar noch nicht, aber es ist Samstagabend, und wir ­brauchen ein Bier. Stickige, verrauchte Luft prallt uns entgegen, als wir die Tür zur Kneipe öffnen. Rote Fanschals überall. Wir sind schnell betrunken.

Ob ich Russisch spreche?, fragt mich ein schwankender Mann, Mitte 60. Er habe es gelernt. In der Schule. Damals in der DDR.

Jetzt seien seine Lederjacke und die langen Haare das einzige Nichtspießige, was ihm geblieben ist. Marx habe recht, wenn er sagt: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“

Das heißt? „Wenn man sich vom Staat nicht beachtet fühlt, nur Teil eines unübersichtlichen Bürokratie-Apparats ist, dann wird man im besten Fall Union-Fan und im schlimmsten Fall …“

Ich schaue mich um. „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union!“, grölt es von allen Seiten.

„Im schlimmsten Fall?“ – „… ein Nazi.“ Montags würden hier die Linken Billard und die Rechten Dart spielen. Union mögen sie alle. Bier auch. Russisch und Staatsbürgerkunde können nur die Älteren noch. Ruth Lang Fuentes

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