: Solidarisch mit dem Stadtmagazin
Als Joseph Beuys einmal hundert Exemplare des Frankfurter Stadtmagazins „Pflasterstrand“ signierte, um die Redaktion in einer Notlage zu unterstützen
Nach Düsseldorf zu Joseph Beuys zu fahren, damit er 100 Stadtmagazine signiere, die anschließend meistbietend versteigert werden sollten, natürlich für einen guten Zweck, das war Anfang der 1980er Jahre vielleicht weniger verwegen als vielmehr naheliegend. Denn dieser Künstler war nahbar. Und natürlich hatte es auch mit dem Stadtmagazin seine eigene Bewandtnis. Es handelte sich um den Frankfurter Pflasterstrand.
Die Ausgabe vom 24. August 1984, mit der Gisela Wülffing und Elisabeth Kiderlen aus dem Redaktionskollektiv (als Herausgeber fungierte Daniel Cohn-Bendit) ins Rheinland reisten, hatte auf ihrem Titelbild – Joseph Beuys, der in seinem üblichen Künstlerhabit unter einem Tisch sitzt. Das dazugehörige Manuskript eines Artikels, der auf dem Cover mit „Erdbebenkünste“ angekündigt wurde, war freilich nicht mehr vorhanden. Er war einem Brand zum Opfer gefallen, der die Redaktionsräume in der Hamburger Allee verwüstet hatte.
Ein Solidaritätsfest, unter anderem mit der Versteigerung der von Beuys signierten Hefte, sollte Geld mobilisieren. Interessanterweise war die Installation von Joseph Beuys, die den Titel des Pflasterstrands zierte, selbst schon als eine Solidaritätsadresse entwickelt worden. Beuys machte mit „Terremoto in Palazzo“, einer Komposition aus vier Holztischen, die wacklig auf dem Boden standen, wobei auf einem der Tische ein rohes Ei aufrecht stand und Glassplitter auf dem Boden lagen, 1981 den Anfang einer Reihe von Ausstellungen unter dem Titel „Terrae Motus“.
Der Galerist Lucio Amelio hatte sie organisiert, nachdem im November 1980 Neapel von einem schweren Erdbeben erschüttert worden war, bei dem fast 3.000 Menschen starben. Insgesamt 50 internationale Künstler und Künstlerinnen stellten spontan Werke für „Terrae Motus“, die bis 1984 lief, zur Verfügung.
Nachdem die Damen in der nordrhein-westfälischen Hauptstadt eingetroffen waren, waltete denn auch Jospeh Beuys seines Amtes und signierte, wobei selbstverständlich Fotos gemacht wurden, wie hier zu sehen. Warum erzählen wir diese kleine Geschichte im Jahr des 100. Geburtstags des Künstlers? Einerseits weil sie ihn als unkompliziert und zugänglich zeigt, eigentlich aber, weil wir vermuten, dass noch einige in unserer taz-Leserschaft von persönlichen Begegnungen mit Joseph Beuys berichten können. Wir möchten Sie herzlich einladen, das unter „taz sachen“ zu tun. Gisela Wülffing, die uns Fotos und Geschichte überließ, ist Mitglied im Kuratorium der taz Panter Stiftung. (Wbg)
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