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Archiv-Artikel

Mit der Keksdosen-Gitarre ins Klang-All

SPHÄREN-FUNK Mit skurrilen Instrumenten, schrillen Kostümen und Klang gewordener theoretischer Physik lädt das neuseeländische Orchestra of Spheres zur Reise in allerlei verrückte höherdimensionale Klangräume ein

Höhere Mathematik und theoretische Physik finden sich schon in den Titeln

VON ROBERT MATTHIES

Merkwürdig sehen sie allemal aus, die selbst gebastelte Keksdosen-Gitarre, die „Sexomouse“-Marimba oder das Elektro-Bass-Glockenspiel. Und natürlich die schrillen Gewänder, mit denen das neuseeländische Orchestra of Spheres morgen Abend im Golem auf der Bühne stehen wird.

Und so ganz sicher mag man sich angesichts des wiederum ganz sicher einer unmöglichen Zukunft entstammenden Debüt-Albums „Nonagonic Now“ des vor drei Jahren aus dem Umfeld der umtriebigen Wellingtoner Frederick Street Sound and Light Exploration Society hervorgegangenen Ensembles tatsächlich nicht mehr sein, ob die Klangraketen und skurrilen Raumanzüge, mit denen das Quartett sein Publikum zur Reise in „höhere Dimensionen“ einlädt, nun den allzumenschlichen Hirnen der bunten Erdenbewohner oder nicht doch extrahumanem Leben oder zumindest Intelligenzen aus den Unweiten des Alls entstammen.

Das theoretische Rüstzeug für allerhand kontraintuitive Raummanöver bringt die in ihrer Heimat schon kultisch verehrte Future-Funk-Gesandschaft jedenfalls mit. Dabei schlägt sich das geteilte Interesse für höhere Mathematik und theoretische Physik nicht nur klanglich, sondern schon in den Titeln der zehn Stücke nieder: euklidische Geometrie versagt angesichts von Hypersphären, Hyperkuben und Rotationen jedenfalls, stattdessen wird hier ein Musik-Monument für Boltzmanns Hirn errichtet und dem Higgs-Teilchen „Spontane Symmetrie“ entgegengehalten. Wobei der Spaß bei der Klang gewordenen Superstringtheorie allerdings nie zu kurz kommt.

Musikalisch beackern die Sphären-Reisenden dabei ebenfalls ein ausuferndes und in seiner Dimensionalität schwer zu vermessendes Feld. Da finden sich der kosmische Free Jazz von Sun Ras Astro-Infinity Arekstra und die Aufbruchsstimmung der Krautrock-Ära natürlich ebenso wieder die psychedelische Vorschul-Disco, der repetitive Minimalismus bornesischer Sape-Musik, futuristischer Funk oder stoische Beats für die Roboter-Jam.

■ Fr, 29. 6., 20 Uhr, Golem, Große Elbstraße 14