: „Ein inniges Verhältnis“
Eine heute in Bremen eröffnende Ausstellung würdigt – die Wärmflasche
Christiane Gartner
56, ist Kulturmanagerin und Geschäftsführerin des Vereins „Kultur vor Ort“ in Bremen-Gröpelingen.
taz: Frau Gartner, nicht, dass sie nicht in diese Jahreszeit passt. Aber wie genau kam es dazu, dass Sie der Wärmflasche eine Ausstellung widmen?
Christiane Gartner: Wir haben uns entschieden, in diesem Jahr beim „Internationalen Erzählfestival Feuerspuren“ das Thema „Warmhalten“ in den Fokus zu rücken. Deshalb, aber auch coronabedingt, haben wir das Festival ein bisschen aufgeteilt: Wir sind nicht wie in anderen Jahren mit 7.000 Menschen an einem Sonntagnachmittag auf der Straße unterwegs.
Sondern?
Wir machen drei Monate lang Programm. Dazu gehört eben diese Ausstellung. Wir haben festgestellt, dass insbesondere Frauen eine, ja: innige Beziehung zu ihrer Wärmflasche haben.
Es gibt Unterschiede zwischen den Geschlechtern?
Unsere Recherchen sind natürlich nicht wissenschaftlich fundiert. Aber wir haben dafür zwei Anhaltspunkte: Erstens haben wir auf unseren Aufruf hin, Wärmflaschenüberzüge zu produzieren, die etwas erzählen über das eigene Verhältnis zur Wärmflasche, 20 Überzüge von Frauen bekommen – und einen von einem Mann.
Hat der auch gehäkelt?
Nein, der hat aus Ziegenfell genäht. Zweitens haben wir in Gesprächen festgestellt: Wenn Männer Wärmflaschen nutzen, dann eher im medizinischen Sinn – „Ich habe Rücken“, Verspannungen an der Schulter, so etwas. Aber wenige Männer haben vermittelt, dass sie uns ihre Wärmflasche nicht für eine Ausstellung überlassen würden – weil sie die selbst brauchen. Von Frauen haben wir viele solche Absagen erhalten: „Meine Lieblingsflasche bekommt ihr nicht, ihr könnt meine Zweit-Wärmflasche haben.“
Was gibt es denn nun alles zu sehen?
Ausstellung „Die Wärmflasche - Geschichten und Objekte einer wärmenden Beziehung“. Bis 7. 11., Bremen, Atelierhaus Roter Hahn;
Eröffnung: heute, 18 Uhr
Das Festival „Feuerspuren“ läuft ebenfalls noch bis 7. 11., Näheres: www.feuerspuren.de
Wir haben historische Objekte von Privatleuten geliehen bekommen. Vom Stein, der erhitzt und dann ins Bett gelegt wird, bis zur Bettpfanne; alte Wärmflaschenmodelle aus Zinn, Zink und Kupfer bis hin zur Original-Wärmflasche von Helene Kaisen, der Frau des einstigen Bremer Bürgermeisters Wilhelm Kaisen. Das älteste Objekt ist ein Stein, rund 2,7 Millionen Jahre alt. Und das jüngste ist aus den 1960er-Jahren. Weiter haben wir eben die 21 Überzüge – gehäkelt, gestrickt, genäht, getackert. Und dann zeigen wir noch eine fotografische Arbeit von Tim Lachmann: der hat Menschen in Alltagssituationen fotografiert – mit Wärmflasche.
Die Flasche wärmt im sehr konkreten Sinn, im übertragenen tut das – die Kultur. Noch ein paar Worte über das diesjährige Festival?
Wir meinen das Thema „Warmhalten“ auch in einem sehr vielfältigen Sinn. Nicht zuletzt wollen wir all das, was wir im Stadtteil damit geschaffen haben, „warm halten“ – damit wir im nächsten Jahr hoffentlich auch wieder ein großes Straßenfest ausrichten können. Das ist uns wichtig, damit auch die Menschen wieder dabei sind, die etwa unsere digitalen Angebote nicht genutzt haben.
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