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Andreas Rüttenauer KulturbeutelMünchen – überaus stolze Doppel-EM-Host-City

Alles wieder gut. Die bayerische EM-Stadt München und die Europäische Fußball­union Uefa mögen sich wieder. Stolz hat Münchens 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden am Dienstagabend zur überaus originellen Uhrzeit um 20.24 Uhr das Host City Logo Münchens für die Fußball-EM im Jahre 2024 vorgestellt. „So viel Humor hätte ich der Uefa gar nicht zugetraut“, hat sie via Twitter zu dem Logo später gemeint. Denn das sei „bunt wie ein Regenbogen“: Damit spielte sie an auf die Regenbogenwelle, die durch ganz Deutschland schwappte, nachdem die Uefa im Frühsommer dieses Jahres der Landeshauptstadt verwehrt hat, die Münchner Arena zum Spiel der Deutschen gegen die Auswahl Ungarns in Regenbogenfarben auszuleuchten. Der Münchner Stadtrat hätte auf diese Weise gerne ein Zeichen gegen die homophobe Gesetzgebung in Ungarn gesetzt.

Doch die Uefa wollte nicht und musste zusehen, wie sich ganz Deutschland in ein wahres Regenbogenparadies verwandelt hat. Allüberall erstrahlten Stadien in den Farben der LGBTIQ-Community und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter konnte sich des Applauses sicher sein, als er gegen die Uefa und deren Diktum gegen die symbolische Ausleuchtung der Arena wetterte. Man hätte beinahe glauben können, in der Münchner Stadtspitze formiere sich so etwas wie Widerstand gegen die Uefa und ihr Geschäftsgebaren, dem sich eine Gastgeberstadt zu unterwerfen hat.

Nun ist mit der Vorstellung des Logos für das Turnier 2024, das in zehn deutschen Städten ausgetragen wird, der nächste EM-Zyklus feierlich eröffnet worden. Kritik an der Uefa war nicht mehr zu hören. Die Anspielung von Bürgermeisterin Habenschaden wird man bei der Uefa gewiss freundlich lächelnd zur Kenntnis nehmen. Der Verband sieht sich ja selbst als Vorkämpfer gegen Homophobie. Als sich an jenem Tag in Deutschland alles neu eingefärbt hatte, hat auch die Uefa ihr eigenes Logo in Regenbobenfarben getaucht. Wenn nun in das EM-Emblem sogar die Regenbogenfarben hineininterpretiert werden können, ohne dass sie wirklich zu erkennen sind, wird das den Verband sicher freuen. Wie sagte Oliver Bierhoff, Direktor des ausrichtenden Deutschen Fußball-Bunds, am Dienstagabend über das eben präsentierte Logo so schön: „Es passt voll in den Zeitgeist und hat viele Inhalte.“ Und Uefa-Präsident Alexander Ceferin meinte: „Das Logo ist sehr interessant.“

Vergessener Ärger

Man kann also hineininterpretieren, was man will, in das Emblem. Und ob es einem gefällt, ist sowieso Geschmackssache. Spätere Generationen werden sich eh nicht mehr daran erinnern, wie das Ding ausgesehen hat. Oder gibt es in der werten Leserschaft jemanden, der oder die das Logo der Euro 2020, die in diesem Sommer stattgefunden hat, noch beschreiben könnte? Dass aber auch der Ärger der Stadt München mit der Uefa so schnell in Vergessenheit gerät, das ist durchaus bemerkenswert.

Denn die Landeshauptstadt hatte nicht nur wegen der Beleuchtung des Stadions Ärger mit dem Kontinentalverband. Die Stadt wurde von der Uefa regelrecht erpresst. Ohne sich mit den Münchner EM-Verantwortlichen abzusprechen, hatte Alexander Ceferin zwei Monate vor der EM, zu einer Zeit, als in deutschen Arenen pandemiebedingt vor leeren Rängen gekickt wurde, verkündet, dass es keine EM-Spiele ohne Zuschauer geben werde.

München musste also die Stadiontore öffnen, sonst hätte die Stadt das Recht verloren, sich Host City nennen zu dürfen. So kam es, dass letztlich 14.000 Zuschauer in die Arena gelassen wurden, während etwa Theaterbühnen noch lange nicht vor Publikum bespielt werden durften. Alles vergessen?

Nun ordnet sich die Stadt jedenfalls schon wieder brav der Uefa unter. Stolz verkündete Kathrin Habenschaden bei der Enthüllung des Logos auf dem verregneten Münchner Marienplatz vor handgezählten 30 Zuschauern, dass München nun die erste Stadt im ganzen Universum ist, die sowohl bei der Euro 2020 im Jahre 2021 als auch bei der Euro 2024 EM-Spiele ausrichten darf. „Ich find das großartig“, sagte sie.

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