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Archiv-Artikel

Ein Problem für den HSV

Der Weitspringer Sebastian Bayer ist am Sonntag Europameister im Weitsprung geworden: das Brett getroffen, 8,34 Meter gesprungen. In der Qualifikation hatte Bayer 8,34 Meter geschafft, gleich im ersten Versuch, mehr Sprünge machte er nicht. Die ängstliche Frage des Fernsehkommentators, ob er „nun sein Pulver schon verschossen“ habe, grinste Bayer weg: „Wieso? War doch nur ein Sprung.“ Mit der Anlage in Helsinki war Bayer zufrieden: „Die ist gut.“ Trainer Uwe Florzcak sagte: „Das war fantastisch. Es ist gut gelaufen. Aber er macht einfach auch einen guten und sicheren Eindruck.“

Bayer startet für den Hamburger SV, der nun ein weiteres Problem hat. Es gab Pläne, die Zahlungen an die Athleten der Leichtathletikabteilung, die Geld kosten, einzustellen: Nadja Käther, Anika Leipold, Mario Kral und Sebastian Bayer, zusammen mit Trainer Florzcak. Zu Gunsten der Fußballer, die dem HSV die Haare vom Kopf fressen. Das wird nun schwierig. Nicht auszudenken, wenn Bayer in London eine olympische Medaille holt. Der HSV kann einem wirklich leid tun.

Uneingeschränkt an die Fahne mit der Raute kann sich der HSV den Erfolg Bayers nicht heften. Der junge Mann wurde vor 26 Jahren in Aachen geboren, hat das Weitspringen bei Alemannia Aachen, beim SC Neubrandenburg und bei Bayer Leverkusen gelernt – und seinen weitesten Satz, 8,71 Meter, bei den Hallen-Europameisterschaften in Turin, für das Bremer Leichtathletik-Team gemacht. Nur Carl Lewis ist in der Halle ein paar Zentimeter weiter gesprungen. Europameisterschaften sind Bayers Ding: bis Helsinki zwei Titel in der Halle, dazu fünf deutsche Meisterschaften im Freien und drei in der Halle.

Bayer ist seit 2010 beim HSV und der zweite Europameister der Stadt nach dem blonden Hans Heinrich Sievert vom Eimsbütteler TV. Der gewann den Zehnkampf bei den ersten Europameisterschaften überhaupt, bei denen 1934 im Stadio Benito Mussolini in Turin nur Männer startberechtigt waren. Mit 7.135 Punkten stellte er sogar einen Weltrekord auf.

Weitsprung ist eine gefährliche Disziplin. Die Belastung der Fußgelenke ist enorm. Bayer, gelernter Bürokaufmann, seit 2007 Soldat der Sportfördergruppe Appen, war immer wieder verletzt, hat sich stets wieder aufgerappelt. Die Trainingsintensität ist hoch: Gurt um den Bauch, Schlitten hinten dran, Sprints bis Bayer bleich ist.

Bayers Freundin, die Hamburger Hürdensprinterin Carolin Nytra, war in Helsinki nicht am Start – sie hatte sich bei Interviews im Regen nach den deutschen Meisterschaften in Wattenscheid eine Grippe geholt.ROGER REPPLINGER