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Archiv-Artikel

Südfrankreich

Touristen bleiben weg

Es war lange ein Tabu, doch spätestens seit die französische Tageszeitung Midi Libre dem Thema eine ganze Seite widmete, darf man es ganz offen aussprechen: Frankreichs Süden, dessen drei Regionen Provence-Alpes-Côte d’Azur, Rhône-Alpes und Languedoc-Roussillon lange Zeit Leader im touristischen Geschäft waren, verliert jedes Jahr an Besuchern. Immer mehr Touristen sehen Frankreich gerade mal als Zwischenstopp auf dem Weg nach Spanien oder Italien.

In Arles ist der untreue Devisenbringer seit letztem Jahr gar zum Objekt einer professionellen Veranstaltung geworden, den „Rencontres Arlésiennes du Tourisme“. Mittelpunkt der Gespräche: Wie kann man Massentourismus in Krisenzeiten verwalten? Wie kann man hochwertigen Tourismus verkaufen? Lange Zeit waren Mittelmeer und Provence jedes Jahr in den Sommermonaten überfüllt, egal was angeboten wurde. Doch plötzlich begann der Planet Urlaub, sich schneller zu drehen, und die etwas träge französische Tourismusindustrie kam nicht ganz hinterher.

Schuld ist nicht zuletzt der Euro und mit ihm der direkte Vergleich, der für Frankreich oftmals recht ungünstig ausfällt: Die Italiener bezahlen in ihrem Land 80 Cent für einen Espresso, in Frankreich kostet der das Doppelte. Die Touristen seien zu Konsumprofis geworden, stellte man in Arles fest.

Ein Profi vergleicht Preise, verlangt Qualität und bucht lieber für 300 Euro alles inklusive Kroatien, anstatt für das Doppelte in eine Gegend zu kommen, die zwar wunderschön ist, aber wo ab 13.30 Uhr kein Restaurant mehr bereit ist, Gästen einen Tisch zu geben. Nicht dass der französische Restaurantbesitzer fauler ist als sein italienischer Nachbar. Aber der französische Restaurantbesitzer hat Prinzipien. Und da selbst japanische Touristen sich denen lange unterworfen haben, vermögen viele nicht zu glauben, dass das jetzt vorbei sein soll. Ist es aber.

Wer immer noch auf die Dankbarkeit der Touristen baut, in einem so wunderwunderschönen Land Urlaub machen zu dürfen, der, so steht fest, dürfte bereits in der nächsten Saison nicht mehr mitspielen.MARIE URDIALES