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Archiv-Artikel

„NGOs befassen sich kaum mit Wissenschaft“

RUNDER TISCH Initiativen überlegen, wie sie besser mit der Wissenschaft zusammenarbeiten können

Reiner Braun

■ 59, ist Geschäftsführer der Vereinigung deutscher Wissenschaftler, einer der Trägerorganisationen des Runden Tisches nachhaltige Wissenschaft.

taz: Herr Braun, heute wollen Sie in Berlin den „Runden Tisch nachhaltige Wissenschaftspolitik“ gründen. Was heißt das?

Reiner Braun: Nachhaltige Wissenschaft bedeutet, dass wir ökonomische, ökologische, soziale und auch partizipative Aspekte bei Wissenschaft, Forschung und Lehre berücksichtigen. Eine Messlatte ist: Wie sehr sind auch Betroffene in Forschungsprojekte einbezogen?

Wer sitzt an diesem runden Tisch?

Umweltorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen, entwicklungspolitische Gruppierungen, Initiativen und Organisationen, die sich im weitesten Sinne mit Nachhaltigkeit beschäftigen, für die Wissenschaft aber bislang kaum oder nur peripher eine Rolle spielt.

Worum soll es bei den Gesprächen gehen?

Es geht darum, in Erfahrung zu bringen, was die Initiativen und Organisationen von einer nachhaltigen Wissenschaft und Forschungspolitik erwarten können und gleichzeitig, wie diejenigen, die in der nachhaltigen Wissenschaft engagiert sind, die Organisationen unterstützen können. Natürlich spielt etwa beim Nabu oder beim BUND Wissenschaft als Argumentationshilfe eine Rolle. Aber sie beschäftigen sich kaum reflektiv damit, was Wissenschaft und Wissenschaftspolitik für ihre Organisation bedeutet.

Wer wird vonseiten der Wissenschaft dabei sein?

Der Träger des Projekts, die Vereinigung deutscher Wissenschaftler, unterstützt vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie, dem Netzwerk Nachhaltiger Wissenschaft sowie Hochschullehrer und Wissenschaftler, die in den zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Funktion haben.

Dann reden bei dem runden Tisch doch nur diejenigen miteinander, die bereits jetzt schon ähnliche Konzepte von Nachhaltigkeit haben. Und die etablierte Wissenschaft, mit einer anderen Perspektive, bleibt draußen.

„Bei der Elektromobilität könnte es sinnvoll sein, in Mobilitätsforschung zu investieren“

Das ist nicht wenig, wenn diese Akteure über Wissenschaft reden, wir wollen aber sehen, was die Zivilgesellschaft überhaupt einfordern und einbringen kann. Schließlich wird unser Projekt vom Forschungsministerium für zwei Jahre gefördert. Wir haben also etwas Zeit.

Für Forschung etwa für die Energiewende oder die Elektromobilität gibt es Milliarden an öffentlicher Förderung. Ist es Ihr Ziel, an diese Töpfe heranzukommen?

Nein. Wir wollen uns mit den Konzepten auseinandersetzen. Zum Beispiel bei der Elektromobilität könnte es sinnvoll sein, eher in Mobilitätsforschung zu investieren und nicht zu versuchen, 7,5 Tonnen per Stromantrieb auf die Straße zu bekommen. Vielleicht müssen wir eher ganz andere Mobilitätskonzepte entwickeln. INTERVIEW: HEIKE HOLDINGHAUSEN