berliner szenen: Im Kostüm von Adam und Eva
Wir begeben uns auf die Suche nach der Stelle am See, die uns empfohlen wurde. Wir gehen am Campingplatz vorbei, der leer zu sein scheint, und lästern über die Außendekoration der Dauercamper*innen. Dann nehmen wir rechts einen schmalen Pfad und geraten in ein Brennnessel-Labyrinth, wo wir uns bewegen müssen, wie es Diebe in Filmen tun, um Laserstrahlen zu entgehen und an Gemälde oder Juwelen ranzukommen.
Wir werden pausenlos gestochen, und nur mit Teebaumöl (das ich zufällig dabeihabe) gelingt es uns, die Mücken kurz davon abzulenken. Den Geruch – gemischt mit dem Geruch nach dem Regen im Wald – werde ich immer mit diesem Moment verbinden.
Nicht fündig, kehren wir zurück und legen uns einfach irgendwo am Ufer hin. Das Wetter ist noch grau und feucht und es sind keine Leute da, bis eine Frau mit Fahrrad und Hund auftaucht. Lilly, wie der Hund heißt, kommt zu uns und möchte spielen. Ob wir im Urlaub sind, fragt die Frau. Ja, es fühlt sich so an, auch wenn wir nur einige Kilometer von Berlin entfernt sind. Sie sei im Dorf geboren und würde die Gegend jeden Tag schöner finden. „Trotzdem oder deswegen“, meint sie. Nach einer Weile ziehen sie weiter. Als Nächstes kommen eine Entenfamilie und dann noch Schnee, ein weißer Schnauzer, der auf sein Frauchen nicht hört.
Die Sonne taucht im letzten Moment doch noch auf, und beim Abendlicht haben wir den See für uns alleine, denken wir. Dann nähert sich ein altes Paar. Die Frau entschuldigt sich und fragt, ob sie bei uns schwimmen dürfen. „Natürlich“, sage ich. „Ja, aber wir wollen es im Adam-und-Eva-Kostüm machen“, sagt sie und wird rot. „Wir auch“, sage ich. Sie lacht, die beiden entkleiden sich und gehen wackelig, Hand in Hand, ins Wasser rein. Luciana Ferrando
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