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„Richtig ankommen“

Manche Geflüchtete von 2015 leben noch in Unterkünften. Sie sitzen damit dauerhaft auf gepackten Koffern, sagt Alena Thiem von der „Wohnbrücke Hamburg“

Alena Thiem

36, ist Diplom-Politologin und Projektkoordinatorin der „Wohnbrücke Hamburg“.

Interview Sarah Mahlberg

taz: Frau Thiem, was ändert sich für Geflüchtete, die in eine eigene Wohnung umziehen?

Alena Thiem: Die erste eigene Wohnung ist der Ort, wo man richtig ankommen kann. Manche Menschen wohnen mehrere Jahre in einer Unterkunft, haben sich arrangiert, die Kinder gehen in der Nähe zur Schule und plötzlich schließt die Unterkunft und sie werden ans andere Ende der Stadt versetzt. Nicht mehr auf gepackten Koffern sitzen zu müssen, ist wohl die größte Erleichterung der eigenen Wohnung.

Die Wohnbrücke bringt seit 2015 Ver­mie­te­r*in­nen und Menschen aus Flüchtlingsunterkünften zusammen. Gibt es Geflüchtete von damals, die noch im Flüchtlingsheim wohnen?

Ja. In der öffentlichen Unterbringung in Hamburg leben derzeit 12.739 Wohnberechtigte, bei denen das Asylverfahren schon durch ist. Manche wohnen seit 2015 dort.

Wer ist besonders betroffen?

Hamburg ist eine Single-Hochburg. Alleinstehende Geflüchtete haben es besonders schwer. Aber ich kenne auch Familien, die schon lange in der Unterkunft leben, aktiv auf Wohnungssuche sind, bei denen aber das letzte Quäntchen Glück gefehlt hat. Andere haben beim ersten Wohnungsangebot schon Erfolg. Das ist sicher frustrierend, selbst in der Unterkunft zu bleiben, und neue Nachbarn ziehen ein und direkt wieder aus.

Wo bringt die Wohnbrücke die Geflüchteten unter?

Das ist breit gefächert. Von Villengegenden wie Hummelsbüttel oder Blankenese über die Isestraße bis hin zur Veddel.

Welche neuen Herausforderungen birgt das Leben in der eigenen Wohnung?

Wohnen ist überall auf der Welt anders. Viele der Familien haben früher im Eigenheim gewohnt und sorgen sich jetzt, dass die Kinder im Mehrfamilienhaus die Nachbarschaft stören könnten, weil die Deutschen als so leise gelten. Ganz typisch ist auch die Frage, wer wen willkommen heißt.

Warum ist das wichtig?

In Syrien zum Beispiel backen die Neuen Kekse und Kuchen und die Alteingesessenen klopfen an die Tür und man bittet sie herein. Hier macht man als Neuer eher die Runde durch das Treppenhaus und klopft an. Wenn man über so was nicht spricht, kommt am Ende niemand miteinander in Kontakt. Unsere ehrenamtlichen Woh­nungs­lot­s*in­nen leisten da wertvolle Arbeit.

Welche Probleme gibt es auf dem Wohnungsmarkt?

Hamburger Vermietende können sich aussuchen, an wen sie ihre Wohnung geben möchten. Viele wollen, dass die Menschen sich selbst finanzieren, was Alleinstehende besser hinkriegen als Familien mit drei Kindern. Es sind einfach viele Menschen dazugekommen, die Wohnraum brauchen. 2015 war die Not besser spürbar und dadurch auch die Hilfsbereitschaft größer. Heute schläft zum Glück niemand mehr in Turnhallen, aber die Not ist noch da.

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