Es geht in die Milliarden

Der Wiederaufbau nach dem Hochwasser wird wohl Jahre dauern

Von Felix Lee

Noch lässt sich der Schaden der Hochwasserkatastrophen nicht klar beziffern. Bis Montag standen einige Orte noch immer unter Wasser, mit der Schadensaufnahme konnte an vielen Stellen noch gar nicht begonnen werden. Doch eins ist klar: Es geht in die Milliarden.

Allein in der mit am schlimmsten betroffenen Gemeinde Schuld in Rheinland-Pfalz rechnet der dortige Bürgermeister mit einer Schadenssumme zwischen 31 und 48 Millionen Euro. Der Ort zählt knapp 700 Einwohner. In der Nachbargemeinde Altenahr mit mehr als dreimal so vielen Einwohnern sind sämtliche Brücken zerstört und auch die meisten Straßen. Bürgermeisterin Cornelia Weigand sagte in einer Bild-live-Sendung, sie befürchte, dass es wegen der kaputten Infrastruktur vielleicht sogar monatelang kein Trinkwasser geben wird. Und auch die Bahn ist von den Schäden massiv betroffen. Einem ersten Lagebild zufolge gab es Beschädigungen an mehr als 80 Stationen und Haltepunkten und an Gleisen auf mehr als 600 Kilometern Länge. Ebenso seien Weichen, Signaltechnik, Stellwerke, Brücken sowie Fahrzeuge des Regional-, S-Bahn- und Güterverkehrs betroffen, teilte die Deutsche Bahn mit.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat den Flutopfern eine Soforthilfe von mindestens 300 Millionen Euro zugesagt. Zudem versprach er, bei der nächsten Kabinettssitzung am Mittwoch ein milliardenschweres Wiederaufbauprogramm einzubringen für die vielen zerstörten Leitungen, Funkmasten, Straßen, Schienen und Brücken.

Das jüngste große Hochwasser von 2013 kostete Bund und Länder 8,2 Milliarden Euro, die große Elbflut von 2002 mehr als 13 Milliarden. Dieses Mal dürften die Kosten darüber liegen. Denn zum einen sind in Nordrhein-Westfalen besonders dicht besiedelte Regionen von den Fluten betroffen, insgesamt 25 Städte und Landkreise aus den drei Regierungsbezirken Köln, Düsseldorf und Arnsberg. Zum anderen sind auch die Baukosten ganz andere als vor 8 oder 19 Jahren.

Weltweit ist derzeit Material knapp – und entsprechend teuer. Allein die Preise für Holz haben sich im Vergleich zum September 2020 mehr als verdoppelt. Und auch die Preise für Stahl sind seit Jahresbeginn um 60 Prozent gestiegen. Europaweit rechnen Industriebetriebe laut einer Umfrage der Stuttgarter Beratungsgesellschaft Horvath mittelfristig mit keinem Ende der Preisspirale. Zudem hat sich der Fachkräftemangel weiter verschärft. Auf dieses Problem verweist Rheinland-Pfalz’Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). „Wir brauchen dringend Fachkräfte, um die Tätigkeiten am Bau und an der Infrastruktur wieder aufzunehmen“, sagte sie im Deutschlandfunk. Nicht einmal für die Prüftrupps zur Schadensaufnahme gebe es ausreichend Ingenieure. Aus ganz Deutschland sollen nun welche nach Rheinland-Pfalz kommen.