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Mietspiegel kommt – nur wie?

Der Bundestag hat entschieden, dass Großstädte einen Mietspiegel brauchen. Welches Modell Bremen wählt, wird darüber entscheiden, ob er preisdämpfend oder -treibend wirken wird

Von Marie Gogoll

„Wir sind ein bisschen von der Bundespolitik überholt worden“, sagt Bausenatorin Maike Schaefer (Die Grünen) gleich zu Beginn der Diskussionsrunde am Mittwochabend. Eigentlich hatte sie dazu eingeladen, die Einführung eines Mietspiegels in Bremen ergebnisoffen zu diskutieren. Mittlerweile hat der Bundestag Ende der Woche per Gesetz Großstädte zur Erstellung eines Mietspiegels verpflichtet. Bremen muss handeln, anders als in den meisten deutschen Großstädten gibt es hier keinen.

Der Hintergrund: Ein Mietspiegel soll die für eine bestimmte Gegend übliche Kaltmiete ermitteln. Es handelt sich aber nicht um einen Durchschnittswert für die gesamte Stadt, denn der Mietspiegel wird mit Blick auf Kriterien wie Lage, Ausstattung und Baujahr der Wohnung erhoben. Meist werden dafür Mieter- oder Ver­mie­te­r*in­nen befragt. Ein sogenannter qualifizierter Mietspiegel arbeitet mit anerkannten wissenschaftlichen Standards. Der Mietspiegel soll also festhalten, wie teuer eine Wohnung in einer bestimmten Gegend durchschnittlich ist.

Dieser Vergleichswert ist zum Beispiel relevant, um die Höhe von Sozialleistungen zu bestimmen, oder eine Mietpreisbremse umzusetzen. So eine gibt es in der Stadt Bremen eigentlich: Seit 2015 darf der Mietpreis bei Neuvermietung im Bremer Stadtgebiet höchstens zehn Prozent über dem „ortsüblichen Durchschnitt“ liegen, wie es im Gesetzestext heißt. Doch wie wird der ohne Mietspiegel festgelegt? Ver­mie­te­r*in­nen und Mie­te­r*in­nen können den Preis von drei Wohnungen angeben, die mit ihrer vergleichbar sind, oder ein Gutachten erstellen lassen. Ein Gutachten sei jedoch teuer und drei vergleichbare Wohnungen auf dem Bremer Wohnungsmarkt nicht leicht zu finden, sagt Kornelia Ahlring vom Mieterverein Bremen der taz.

Auch sie war am Mittwoch Gast auf dem Podium. „Unserer Erfahrung nach findet die Mietpreisbremse keine Anwendung in Bremen“, so Ahlring. Der Mietspiegel könnte daran etwas ändern. Aber warum wurde der nicht schon viel früher eingeführt? Die Art und Weise, wie der Mietspiegel bestimmt wird, ist politisch umkämpft. „Wir fordern, dass sämtliche Bestandsmieten für den Mietspiegel einbezogen werden“, so Ahlring. Bestandsmieten sind die Mieten, die in laufenden Mietverträgen festgehalten sind und sich teilweise seit vielen Jahren nicht oder nur kaum verändert haben. Davon gibt es laut Ahlring in Bremen eine Menge.

Verglichen mit den Mieten bei Neuvermietungen sind die Bestandsmieten oft deutlich geringer. Ahlring findet, dass die Bestandsmieten nötig sind, um ein realistisches Bild von der Mietenlandschaft zu zeichnen.

Anders sieht das Steffen Sebastian von der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung. Alle Bestandsmieten in die Berechnung einzubeziehen, würde einen „veralteten Preis“ produzieren, sagt er der taz. „In der Theorie wäre es sogar am fairsten, nur die aktuellsten Neuvermietungen aufzunehmen, denn das ist ja der reale Preis für eine Wohnung.“ So sehen es auch Vermieterverbände wie Haus und Grund, die mit dem Bremer Geschäftsführer Ingmar Vergau am Mittwoch ebenfalls auf dem Podium vertreten waren.

„Der Kompromiss ist im Moment, Neuvermietungen und Mieterhöhungen der letzten sechs Jahre in die Berechnung einzubeziehen“, so Sebastian. Das ist bundesgesetzlich so geregelt und wird deshalb auch für Bremen gelten. Kornelia Ahlring sieht die Einführung des Mietspiegels darum ambivalent. „Natürlich kann ein Mietspiegel die Angebotsmieten drosseln, aber ich befürchte, dass er auf der anderen Seite die Bestandsmieten erhöht.“

Für Wohnungen, in denen Mie­ter­*in­nen mit älteren Verträgen zu einer relativ geringen Miete wohnen, hätten Vermieter mit dem Mietspiegel nämlich ein aussagekräftiges Werkzeug in der Hand, die Miete zu erhöhen. Schließlich dürfen sie eine Mieterhöhung mit einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete begründen. Für Steffen Sebastian von der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung ist das ein Vorteil des Mietspiegels: „Genau wie dem Mieter soll der Mietspiegel auch dem Vermieter dienen. Es ist fair, wenn Vermieter mit einem fundierten Mietspiegel auf einfachem Wege eine Mieterhöhung aussprechen können.“ Der Mieter könne sich im Gegenzug sicher sein, dass die Mieterhöhung angemessen ist. „Vor allem kann er sich mit dem Mietspiegel besser wehren, als wenn, wie bisher, eine übertriebene Mieterhöhung mit drei Vergleichswohnungen begründet wird“, so Sebastian.

Uneinigkeit besteht nicht nur darüber, welche Mieten in die Berechnung des Spiegels einbezogen werden, sondern auch über weitere Kriterien. Zum Beispiel, wie sich der Wert einer Wohnlage ergibt. Senatorin Schaefer möchte jetzt „viele Akteure in die Ausarbeitung einbeziehen, die jetzt beginnt“, wie sie bei der Podiumsdiskussion sagt. Dort betont sie aber auch: „Wenn die Kriterien für den Mietspiegel einmal stehen, dann ist die Politik raus.“ Letztlich sollte der Mietspiegel nämlich kein politisches Projekt, sondern ein wissenschaftlich erarbeiteter Wert sein.

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