: Mama Afrika
Im Kampf gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien – die Aktivistinnen von Mama Afrika betreiben Aufklärungsarbeit in Guinea und Deutschland und setzen sich für Integration ein
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Video-Vortrag mit und über die afrikanische Organisation Bangr Nooma, die in Bukina Faso gegen die Beschneidung von Frauen aktiv ist, mit anschließendem Gespräch.
Donnerstag, 12. Juli, 16 Uhr, bei Mama Afrika e.V., in der Gesobau Nachbarschaftsetage, Wilhelmsruher Damm 124, in Berlin-Reinickendorf.
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Hadja Kitagbe Kaba hat eine Mission. Die Gründerin des Vereins „Mama Afrika e. V.“ will der Verstümmelung weiblicher Genitalien in Deutschland und den Ländern Afrikas ein Ende setzen. „Die Beschneidung ist eine große Qual für Frauen und Mädchen“, sagt Kaba. Nicht nur, dass sie bei dem Eingriff viel Blut verlieren, viele Afrikanerinnen tragen psychische Schäden davon. Hinter dieser archaischen Tradition stecke der irrwitzige Gedanke, die Frau zu „reinigen“ und sexuell zu kanalisieren, berichtet die Aktivistin.
Und so ist der Kampf gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien die Hauptaufgabe von Mama Afrika. In Deutschland und in Guinea ist der Verein aktiv, um Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung zu leisten. Das Engagement gegen Beschneidungen ist aber nicht alles. Darüber hinaus fördert der Verein die Integration afrikanischer Familien in Berlin. Dabei setzt Mama Afrika vor allem auf den Austausch von Erfahrungen und Perspektiven. „Es ist wichtig, dass man den anderen versteht“, sagt Kaba.
Die Integrationsarbeit leistet der Verein seit seiner Gründung im Jahr 2000. In der Regel geht der Verein in die Familien und löst dort Probleme, die mit dem Umzug nach Deutschland aufgetreten sind. Er vermittelt zwischen Jugendlichen, die wie ihre Freunde in der Schule nach dem Abschluss zuhause ausziehen wollen, und ihren Eltern, die es traditionell gewohnt sind, dass ihre Kinder so lange wie möglich bei ihnen wohnen bleiben. Aber auch den Dialog zwischen Deutschen und AfrikanerInnen versucht Mama Afrika zu stärken. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Integration geht durch den Magen“ organisierte der Verein eine Kantine, in der afrikanische, deutsche, aber auch Gerichte aus anderen arabischen und europäischen Ländern gekocht wurden.
Der Fokus erweiterte sich im Jahr 2005. Anlass war eine Studie der Unicef, in der die Hilfsorganisation angab, dass die Beschneidungsrate in vielen afrikanischen Ländern gesunken sei. In dem Bericht hieß es auch, dass in Guinea 90 Prozent der Frauen beschnitten seien. Diese Einschätzung schien der Aktivistin zu optimistisch. Kurzerhand reiste sie in ihre Heimatstadt Kankan, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Was sie dort sah, war ernüchternd: „Alle Frauen aus meinem Dorf sind beschnitten“, berichtet Kaba.
Das optimistische Ergebnis der Studie erklärt sich Kaba so: Die Menschen aus Guinea hätten nur „Theater gespielt“, solange die Hilfsorganisation im Lande war, um Fördergelder zu erhalten. „Sind die Europäer aber erst mal abgereist, geht es weiter wie bisher“, sagt Kaba. Genauso ineffektiv wie die Programme der Hilfsorganisationen sind die Gesetze der Regierungen. Zwar ist die Beschneidung seit 1969 verboten, praktiziert wird sie aber nach wie vor.
Mama Afrika hat eine bessere Lösung des Problems: „Viel wichtiger als Verbote ist es, die Familien über die schwerwiegenden Folgen der Beschneidung aufzuklären“, sagt Kaba. Viele Frauen, die den Eingriff durchführten, täten es in dem Glauben, etwas Gutes zu tun. Genauso sehen es die Mütter der Mädchen. In Guinea versucht der Verein zudem, die Dorfältesten über die Sinnlosigkeit des archaischen Brauchs zu informieren. „Die Oberhäupter eines Dorfes sind bedeutender als Landesregierungen. Haben wir sie auf unserer Seite, haben wir eine größere Chance“, sagt Kaba.
Erste Erfolge konnte Kaba bereits verbuchen. Als eine Frau aus ihrem Dorf 2008 im Rahmen einer Informationsveranstaltung in Kankan zwei Dokumentationen über das Thema sah, versprach sie Kaba: „Falls ich nochmal eine Tochter auf die Welt bringen sollte, werde ich ihr diese Qual ersparen.“ Um diesen Erfolg weiter auszubauen, errichtet der Verein bereits einen Kindergarten in Kankan. Kaba erhofft sich von der Einrichtung eine effektivere Aufklärungsarbeit.
In Guinea wie in Deutschland wird der Verein von verschiedenen Initiativen und Gruppen unterstützt. In Deutschland sind es vor allem „Pro Afrika“, „Terre des Femmes“, „Benkadi“ und das Familienplanungszentrum „Balance“, mit denen Mama Afrika regelmäßig zusammenarbeitet. Gemeinsam organisiert man Informationsveranstaltungen, in denen es nicht nur darum geht, afrikanische Familien über die Beschneidung zu informieren, sondern auch bei Menschen aus Deutschland ein Bewusstsein dafür zu schaffen, warum das Ritual in Afrika noch immer praktiziert wird. „Viele wissen nicht, dass die Leute keine Ahnung davon haben, was sie dort eigentlich machen“, sagt Kaba.
HADJA KITAGBE KABA, DIE GRÜNDERIN VON MAMA AFRIKA E. V.
Wer den Verein unterstützen will, kann das auf verschiedene Weise tun. Zum einen braucht der Verein dringend Geld- und Sachspenden, um die Arbeiten an dem Kindergarten zu beenden. Vor allem über Spielzeuge und Bücher würde sich der Verein sehr freuen. Zum anderen findet am 12. Juli ein Vortrag zum Thema Beschneidung im Büro von Mama Afrika statt, bei dem der Film „Maimouna, la vie devant nours“ gezeigt und im Anschluss besprochen werden soll. Über Interessierte, die vorbeikommen und mitdiskutieren, würde sich Kaba sehr freuen. „Wir können jede Hilfe gebrauchen“, sagt die Aktivistin.
LUKAS DUBRO
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