: Wilhelmshaven: kaum Jobs
Ab kommendem Jahr soll in Wilhelmshaven ein Tiefwasserhafen gebaut werden. Der kostet enorm – Jobs darf sich die strukturschwache Region aber kaum versprechen
Schon als der preußische Kriegshafen zwischen 1856 bis 1869 in den Jadebusen gestampft wurde, war hier die größte Baustelle Europas. Ab 2006 dürfte in Wilhelmshaven eine moderne Armada Bauarbeiter anrücken: Dann soll Startschuss für den Bau des Jadeweserports sein, das größte Infrastrukturprojekt Niedersachsens.
Hinter dem Ausbauprojekt steckt die Globalisierung: Weil der Containerhandel brummt, werden die Schiffe immer größer. Die neueste Generation Riesenpötte kann nicht nur 12.000 Standardcontainer (TEU) laden, sie sind auch 400 Meter lang, 54 Meter breit und 15 Meter tief. Genau das ist das Problem Hamburgs: Obwohl die Elbe zuletzt 1999 auf 13,5 Meter vertieft wurde, können Schiffe mit 8.000 Containern Kapazität den Hafen nur noch bei Flut anlaufen.
Noch fahren die Megacarrier gar nicht. Die Frage nach dem Standort eines neuen Tiefwasserhafens, mit dem die deutsche Hafenwirtschaft Rotterdam Konkurrenz machen will, drängt sich dennoch auf. In Cuxhaven hätte ein Hafen für die dicken Pötte nur die Hälfte gekostet. Aber der Standort an der Elbmündung, mit dem wohl auch Hamburg hätte leben können, wäre bereits in 20 Jahren an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. In Wilhelmshaven ist hingegen Platz für maximal 24 Liegeplätze mit insgesamt 10,5 Kilometern Länge.
So viel sollen es zunächst nicht werden. An der 1.725 Meter langen Kaje am Jade-Fahrwasser sollen voraussichtlich ab 2010 bis zu vier der Mega-Carrier gelöscht werden können. Kostenpunkt: 900 Millionen Euro, davon tragen Niedersachsen und Bremen rund 600 Millionen. Die Länder, die sich in einer Realisierungsgesellschaft zusammengeschlossen haben, wollen dafür Kaimauern und Spundwände bauen oder die Fahrrinne ausbaggern. Der Betreiber muss noch etwa 300 Millionen Euro in Kräne, Containerbrücken oder Lagerhallen investieren. Einer der Bewerber um das Geschäft ist die Eurogate-Gruppe, eine gemeinsame Tochter der BLG Logistics Group (Bremen) und Eurokai (Hamburg). Das Umschlagsunternehmen mit seinen Terminals in Bremerhaven, Hamburg und Italien hatte im Dezember öffentlich seine Bewerbung bekannt gegeben und rechnet sich “gute Chancen“ aus. Im Oktober soll der Betreiber feststehen.
Die Hoffnung auf Jobs im strukturschwachen Wilhelmshaven wurden hingegen nach und nach deutlich gedämpft. Bei Inbetriebnahme sollen im “Jadeweserport“ inzwischen nur noch 300 bis 500 Menschen arbeiten. Erst später könnten insgesamt 2.000 Jobs entstehen. Optimisten hoffen, dass das etwa 2020 so weit sein könnte, wenn Wilhelmshaven seine maximale Umschlagskapazität von 2,7 Millionen Standard-Containern erreicht hat. Nicht nur wegen des geringen Kosten-Nutzen-Effekts kritisieren Umweltverbände und die Grünen den Bau des Tiefwasserhafens und die gleichzeitig von Hamburg geplante weitere Ausbaggerung der Elbe. „Da sind wir mit Sander ausnahmsweise einer Meinung: Die Elbvertiefung ist dummes Zeug“, sagt der Grüne Hafen-Experte Hans-Joachim Janßen.
Er findet es richtig, dass Niedersachsens Umweltminister die weitere Ausbaggerung der Elbe mit feinen Nadelstichen torpediert. Hamburg hatte sich einst aus der Planung für Wilhelmshaven ausgeklinkt – und auf eine tiefere Elbe gesetzt. Aber: Je mehr große Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen können, desto weniger wird sich der Jadeweserport entwickeln.
Vor einer erneuten Vertiefung müsse der Hamburger Senat erst mal offene Fragen zur Sicherheit der Deiche aus der letzten Elbvertiefung beantworten, heißt es deshalb aus dem FDP-geführten Umweltministerium in Hannover. Für Sander, der sich sonst selten als Umweltapostel aufführt, habe die Deichsicherheit „absolute Priorität“.
Kai Schöneberg