wortwechsel
: Wahlmüde? „Dieses Reservoir ist gewaltig!“

Wahlbeteiligung an der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: 61 Prozent. Was denkt „der Rest“? 39 Prozent der Wahlberechtigten haben nicht gewählt. Wer hört die Alarmsignale?

Blumen von CDU-Kameraden. Den Strauß für einen entschiedeneren Kampf der CDU gegen rechts muss Ministerpräsident Haseloff noch ausfechten Foto: Michael Kappeler/Pool/reuters

„Endergebnis der Wahl in Sachsen-Anhalt: CDU triumphiert, Pleite für Linke. Mit über 37 Prozent der Stimmen ist die CDU klarer Sieger der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Die AfD bleibt mit etwa 20 Prozent stark, die linken Parteien sacken ab“, taz vom 7. 6. 21

Das beste Wahlergebnis

Nach dem vorläufigen Wahlergebnis vom 7. 6. 21 haben die Nichtwähler mit 39,76 Prozent vor der CDU mit 37 Prozent das beste Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt erreicht. Den etablierten Parteien scheint aber beim Wahlergebnis nichts merkwürdig vorzukommen. Sie wollen so weitermachen wie bisher. David Cohnen, Berlin

Erfolg für Propaganda?

Nun wurde gewählt und alle sind froh, dass nicht schon wieder auf den Straßen von Sachsen-Anhalt „die Reihen fest geschlossen“ gesungen wird. Doch kann man/frau froh sein? Das Ergebnis zeigt, dass der national-konservative Block (CDU und AfD) zusammen fast 58 Prozent der Stimmen bekommen hat. Nun fragt man sich doch, warum die Ex-Ostzonalen nach mehr als 30 Jahren ohne „blühende Landschaften“ (Helmut Kohl, CDU), keinem einzigen Bundesminister aus der Ex-DDR und konsistenter Misshandlung als Menschen zweiter Klasse immer noch stramm CDU wählen? Vielleicht hatte Noam Chomsky nicht ganz unrecht, als er (für die USA) von den „spektakulären Erfolgen von Propaganda“ sprach.

Thomas Klikauer, Sydney, Australien

Ost-West-Karte sticht?

Bei dieser „hohen“ Wahlbeteiligung sollte man sich lieber die Frage stellen, wer von wem warum nicht gewählt wurde.

Danny Schneider auf taz.de

@danny schneider Dazu zwei Fakten. Fakt 1: Die AfD gewann 6.000 Ex-Nichtwähler. Fakt 2: Der verbliebene Nichtwähleranteil unter Wahlberechtigten in Sachsen-Anhalt misst 39 Prozent. Dieses Reservoir ist gewaltig. Valery Pokrowski auf taz.de

Offensichtlich fühlen sich in Sachsen-Anhalt einige bevormundet oder gar verwest – ich meine verwestlicht. Präziser: „Man muss einfach sagen, dass es wirklich keine Bevölkerung in Europa gibt, der so wenig an Grund und Boden, an Immobilien, an Betrieben gehört auf dem Gebiet, auf dem sie lebt.“ Hat Ingo Schulze gesagt. Nach der Wahl. Im Deutschlandfunk.

Rhythm & Blues auf taz.de

@Rhythm & Blues Landgrabbing geht sicher nicht an den Sachsen-Anhaltinern vorbei. Hier gehören ja inzwischen etwa 70 Prozent allen Land- und Immobilienbesitzes Westdeutschen.

Šarru-kīnu auf taz.de

@Rhythm & Blues Die Linken spielen schon seit 30 Jahren die Ost-West Karte (arm, benachteiligt, unterdrückt), es glaubt halt keiner mehr, und die Mehrheit wählt eben CDU und AfD. Die Neuwähler, Linken und SPD-Wähler haben CDU gewählt, um sicherzugehen. Jedenfalls erklären die Wahlforscher dies.

Rohm Dietmar auf taz.de

Die DemoskopInnen lagen so dermaßen daneben, dass man diese teuer bezahlten Callcenterjobs lieber den professionellen KaffeesatzleserInnen überlassen sollte.

Denkmalmeckermalmensch auf taz.de

Die Linke ist nicht hipp

So lange die Linke auch versucht, im hippen Milieu zu fischen, anstatt die arbeitenden Menschen zu vertreten, wird das nichts, schon gar nicht im Osten, da ist das hippe Klientel schon durch die Grünen voll abgeschöpft, und wie man sieht, ist das nicht viel. Die Linke muss zurück zur Sozialpolitik. Nutzer auf taz.de

Was fehlt den linken Parteien? Vor allem ein Bewusstsein der Menschen dafür, wo sie selbst in der sozialen Hierarchie stehen. Es glauben nämlich alle (!), dass sie Teil der Mittelschicht wären; und zu viele halten die Vermögensungleichheit für kleiner (!) als die der Einkommen. Das macht es den Konservativen leicht.

Smaragd auf taz.de

Soziale Gerechtigkeit!

„Nach der Wahl in Sachsen-Anhalt: Die Vision fehlt“, taz vom 7. 6. 21

Die demoskopischen Erhebungen haben eindeutig festgestellt, dass es Die Linke zum wiederholten Male nicht mehr geschafft hat, ihre Stammwählerschaft an sich zu binden. Vernichtend geringe Werte bei der Frage, ob die Partei weiterhin die führende Kraft für die soziale Gerechtigkeit sei, machen das Debakel deutlich.

Viele Menschen interessiert vor allem, wie sie über die nächsten Monate kommen, weil das Virus ihnen zusätzliche Ausgaben beschert hat, die nicht im „Hartz IV“-Regelsatz Berücksichtigung finden. Sie fragen sich, wie sie die angekündigten Steigerungen der CO2-Bepreisung stemmen sollen und woher die Rente kommen wird, wenn nach über 40 Jahren Beitragszahlungen noch immer der Gang zum Amt nötig ist. Oder sie sehnen sich nach einer Umverteilung der Steuerlast, um nicht zuletzt die in der Covidkrise zutage getretenen Mängel am Gesundheitswesen zu reparieren. Dennis Riehle, Konstanz

Nur Marx tritt zurück …

Ich kann es einfach nicht mehr hören, dieses andauernde Schönreden von Wahlergebnissen. Da fährt die SPD eine Klatsche ein, die früher zum Rücktritt sämtlicher Spitzengremien geführt hätte und der einzige, der zurücktritt ist Kardinal Marx, der mit nichts was zu tun hat, der auch nur strategisch zurücktritt – wie die seltsame Doppelspitze der SPD strategisch nicht zurücktritt. Michael Maresch, München

Ein Alarmzeichen

„CDU triumphiert, Pleite für Linke“,

taz vom 7. 6. 21

Mit dieser Wahl ist die Gefahr durch Nazis größer geworden. Schließlich sind viele Protestwähler (wie in den USA) wieder von der AfD zur CDU zurückgegangen, um das Schlimmste zu verhindern. So wurde ja auch der Wahlkampf geführt – gegen rechts statt für das Klima. Wenn trotzdem über 20 Prozent die AfD in dieser aufgeputschten Lage gewählt haben, sind diese umso radikaler. Über zwanzig Prozent für die AfD und eine schwache Wahlbeteiligung sollten ein Alarmzeichen sein.

Dietmar Rauter, Kronshagen