: Bären unter freiem Himmel
Eine Auswahl an Filmen, auf die man sich in Berlin bei der am 9. Juni beginnenden Open-Air-Berlinale freuen kann
Die Berlinale hat dieses Jahr, den Umständen der Pandemie geschuldet, ein deutlich kleineres Programm im Angebot. Im März war davon schon in der taz zu lesen. Nachdem die Preise im Winter vergeben wurden, startet nun am 9. Juni in Berliner Freiluftkinos das „Summer Special“ des 71. Filmfestivals. Hier eine Auswahl von Höhepunkten, teils zur Erinnerung, teils als zusätzlicher Hinweis.
„Bad Luck Banging or Loony Porn“ (Wettbewerb): Der Gewinner des Goldenen Bären des rumänischen Regisseurs Radu Jude ist krude Sozialsatire, hellsichtige Zeitdiagnose, Geschichtslektion und einer der ersten Coronafilme.
„Petite Maman“ (Wettbewerb): Céline Sciamma ging für ihre stille Kindheitserinnerungsgeschichte leer aus, sehr zu Unrecht, denn sie zaubert, und das mit einfachsten Mitteln.
„Wheel of Fortune and Fantasy“ (Wettbewerb): Ryusuke Hamaguchis Episodenfilm aus Japan folgt Frauen in missliche Situationen, auf einfühlsam harte Weise genau beobachtend.
„Herr Bachmann und seine Klasse“ (Wettbewerb): Die Langzeitbeobachtung von Maria Speth bringt einem eine migrantisch geprägte hessische Schulklasse und ihren Lehrer in drei sehr kurz wirkenden Stunden sehr nahe.
„Nous“ (Encounters): Mit ihrem Dokumentarfilm gewann die französische Regisseurin Alice Diop den Preis „Bester Film“ der Sektion „Encounters“. Sie begleitet Menschen in der Banlieue mit der Kamera durch den Alltag und verhindert so, dass deren Leben und Geschichten unbemerkt bleiben.
„Blutsauger“ (Encounters): Witz mit Marx bietet Julian Radlmaiers diskursfreundlicher Spielfilm mit Lilith Stangenberg als vampirischer Kapitalistin, die den in ihrer Fabrik erzeugten Waren den Fetischcharakter gleich im Produktnamen aufprägt.
„Azor“ (Encounters): In seinem Spielfilmdebüt wählt der Schweizer Regisseur Andreas Fontana eine ungewöhnliche Perspektive auf Argentinien in Zeiten der Militärdiktatur. Ein Bankier aus Genf reist nach Buenos Aires, um nach seinem verschwundenen Geschäftspartner zu suchen. Dieser bleibt ebenso unsichtbar wie die im Land herrschende Gewalt, zugleich ist sie bei jedem Schritt des Bankiers als unmittelbare Gefahr zu ahnen.
„Rock Bottom Riser“ (Encounters): Vulkane speien Lava, Hawaianer navigieren nach den Sternen, ein Hochschulseminar lauscht dem Simon-&-Garfunkel-Song „I Am a Rock“ – in Fern Silvas US-amerikanischem Essayfilm ist auf den zweiten Blick alles auf wunderbar freie Weise miteinander verbunden.
„Juste un mouvement“ (Forum): Der belgische Regisseur Vincent Meessen geht in seinem Dokumentarfilm den Spuren des senegalesischen Intellektuellen und politischen Aktivisten Omar Blondin Diop nach, der in Paris unter anderem bei Godard vor der Kamera stand und mit Daniel Cohn-Bendit verkehrte.
„Die Welt wird eine andere sein“ (Panorama): Über diese ziemlich einzigartige Migrationsgeschichte von Anne Zohra Berrached sollte man möglichst wenig wissen, bevor man den Film sieht.
„Per Lucio“ (Berlinale Special): Ein Mann, den seine Freunde „Spinne“ nannten – der italienische Regisseur Pietro Marcello zeichnet in seinem Dokumentarfilm ein ungeschminkt intimes Porträt des italienischen Cantautore Lucio Dalla. Tim Caspar Boehme
Programm und Tickets unter www.berlinale.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen