: „Werbung für Organspende“
Vortrag Die PatientInnenstelle klärt über die neue Gesetzeslage und deren Konsequenzen auf
■ 52, ist Juristin und arbeitet als Patientenberaterin im Gesundheitsladen Bremen.
taz: Warum machen Sie die Veranstaltung?
Sabine Düver: Nachdem im Mai das neue Organspendegesetz verabschiedet wurde, werden jetzt alle Versicherten von ihren Kassen dazu aufgefordert, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Das können sie aber nur, wenn sie zuvor ausreichend aufgeklärt wurden.
Und das wurden sie nicht?
Nein, mein Eindruck ist, dass es sich um reine Werbemaßnahmen handelt, die einen moralischen Druck erzeugen. Schließlich will die Politik mit dem Gesetz erreichen, dass mehr Menschen ihre Organe spenden. Dass man sich auch dagegen entscheiden könnte, scheint überhaupt keine Option zu sein, entsprechend werden die Argumente dagegen gar nicht genannt.
Welche sind das?
Man sollte sich schon sehr gründlich damit beschäftigen, was das für einen selbst, für den eigenen Sterbeprozess und die Angehörigen bedeutet. Und mit diesen auch darüber sprechen. Für die wird der Abschied vom Sterbenden erschwert, weil dieser wirkt, als würde er oder sie noch leben, weil die Geräte die Körperfunktionen noch aufrechterhalten.
Wenn man sich das alles ganz genau überlegt, kann man sich eigentlich nur dagegen entscheiden, oder?
Unter Umständen ist das so. Der Hirntod ist ja sehr umstritten und wir wissen nicht, was beim Sterben mit uns passiert, ob wir noch Schmerzen empfinden. Ich glaube, darüber haben viele Menschen einfach noch nicht nachgedacht.
Und Sie wollen sie davon abhalten, das „Ja“ anzukreuzen?
Nein, überhaupt nicht. Ich will, dass sie wissen, was sie unterschreiben. Und sich nicht unter Druck setzen lassen. Ein Mensch stirbt nicht deshalb, weil Sie oder ich unsere Organe nicht spenden. Sondern weil seine eigenen nicht mehr funktionieren.
Können Sie verstehen, wenn Menschen, die für sich oder ihre Liebsten auf Spenderorgane warten, das ganz anders sehen?
Ja, natürlich. Eigene Betroffenheit beeinflusst den Blick. Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass sich die Spendenbereitschaft so erhöhen wird, dass alle das Organ bekommen, das sie brauchen. So viele Hirntote, die als Spender in Frage kommen, gibt es nicht. Interview: EIB
Vortrag: 15 Uhr, Gesundheitsladen, Braunschweiger Straße 53 b