: So funktionieren ESM und Fiskalpakt
EUROPA Das Verfassungsgericht prüft zwei Instrumente, die Deutschland und die EU verändern würden
BERLIN taz | Die Klagen vor dem Verfassungsgericht behandeln zwei Instrumente, die eine große Bedeutung für Deutschland und die Europäische Union haben. Der Rettungsfonds ESM soll Milliardenhilfen für verschuldete EU-Staaten bereitstellen, er ist die wichtigste Waffe der Staatengemeinschaft im Kampf gegen die Krise. Auf den Fiskalpakt hatte vor allem die Bundesregierung gedrängt. Er verpflichtet alle Staaten zum harten Sparen.
■ Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM): Der ESM entstand aus der Einsicht, dass die Krise länger dauern würde. Bereits im Dezember 2010 beschlossen die Staatschefs deshalb, einen dauerhaften Rettungsschirm für überschuldete Staaten einzurichten. Er soll den vorübergehend wirksamen Schirm EFSF ablösen.
Die Summen, über die der ESM gebietet, sind gewaltig: Die Euroländer übernehmen Garantien von 620 Milliarden Euro und zahlen weitere 80 Milliarden ein. Deutschland muss knapp 22 Milliarden Euro überweisen und übernimmt Garantien von 168 Milliarden. Mit diesem Geld soll der ESM zinsgünstige Kredite und Hilfsprogramme vergeben. Die riesigen Summen sollen die Kapitalmärkte beruhigen. Die EU lässt niemanden fallen, lautet die Botschaft. Erst sollte der ESM ab Juli 2013 einsatzbereit sein. Wegen der Zuspitzung der Krise einigten sich die Staatschefs jedoch darauf, den Start auf den 1. Juli 2012 vorzuziehen. Die späte Ratifizierung durch den Bundestag Ende Juni und die Klagen vor dem Verfassungsgericht verzögern also ein Instrument, auf das viele Staaten in Europa dringend warten.
■ Fiskalpakt: Diesen völkerrechtlichen Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin haben im März 25 EU-Staaten unterzeichnet – nur Großbritannien und Tschechien lehnten ihn ab. Die Unterzeichner verpflichten sich, Schuldenbremsen in ihren Verfassungen zu installieren. So, wie es Deutschland bereits getan hat.
Zudem müssen die Länder auf einen ausgeglichenen Haushalt hinarbeiten. Das strukturelle Defizit darf etwa die Grenze von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht mehr überschreiten, bisher liegt sie bei 1,0 Prozent. Im Falle eines Regelverstoßes kommt es automatisch zu einem Strafverfahren.
Der Fiskalpakt soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Beide Instrumente sind fest miteinander verbunden: Ein Land kann nur dann ESM-Hilfen in Anspruch nehmen, wenn es den Fiskalpakt einhält. ULRICH SCHULTE