Wandertag zur Bürgerschaft

BILDUNG Bremens Lehrer protestieren, denn auch im kommenden Schuljahr wird es an den Schulen weniger Neueinstellungen geben als geplant. Die Bildungssenatorin sieht keinen Personalmangel

Zu einer „außerordentlichen Personalversammlung für Lehrkräfte“ haben sich gestern über 1.000 Lehrer im Kulturzentrum Schlachthof versammelt. Anschließend marschierten sie mit Schülern auf den Marktplatz, um vor der Bürgerschaft gegen Lehrermangel, Versetzungen und Abberufungen zu protestieren. Seit wenigen Tagen steht fest, dass auch im kommenden Schuljahr weniger neue Lehrer eingestellt werden als benötigt.

„Wir haben statt Unterricht einen Wandertag mit politischer Bildung organisiert“, so GEW-Stadtverbandssprecher Arno Armgort. Als „absolutes Chaos“ bezeichnet er nicht nur die kommende Unterrichtsversorgung, sondern auch die späte Information darüber: „Es gibt Kollegen, die bereits in anderen Bundesländern Stellenangebote abgelehnt haben, weil sie Zusagen für Bremen bekommen haben.“ Die stünden nun auf der Straße. Und bereits jetzt sei die Personaldecke zu dünn: „Selbst wenn 170 bis 190 Stellen bewilligt würden, wäre das nur eine Wiederherstellung des ohnehin unzureichenden Status quo.“

So berichtete eine Lehrerin, dass es an der Grundschule Uphuser Straße seit einem halben Jahr keine Schulleitung gebe: „Wir hatten eine Bewerberin, die sogar zwei Fächer mit Bedarf abgedeckt hätte, aber unsere Konrektorin hat von der Bildungsbehörde erfahren, dass kein Geld für sie da sei.“ Auch die Grundschule Huchting müsse seit einem Jahr ohne Schulleitung auskommen.

Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) erklärte auf einer Sondersitzung der Bildungsdeputation am Nachmittag, dass es in Bremen keinen gravierenden Lehrermangel gebe: „Wir sind zwar nicht üppig ausgestattet, aber die Lage ist auch nicht katastrophal.“ Bremen liege über dem Länderdurchschnitt und über den Stadtstaaten Hamburg und Berlin. Dem widerspricht Armgort. Er werde der Senatorin Zahlen vorlegen, „nach denen Berlin sogar mehr Lehrer hat als Bremen“. Um mitziehen zu können, bräuchte Bremen 440 neue Lehrer. Nach den Ferien wird es an den Allgemeinbildenden Schulen 75 statt 117 und an den Berufsbildenden Schulen 35 statt 50 Neueinstellungen geben.

Die Differenz soll durch Versetzungen und Abordnungen ausgeglichen werden: Lehrer werden von Schulen, die rechnerisch einen personellen Überschuss haben, ganz oder teilweise an Schulen mit Bedarf wechseln.

Hintergrund ist der Personalentwicklungsplan, nach dem die Bildungsbehörde als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung 1,2 Prozent Personal einsparen muss. „Auch darüber hinaus ist der Bildungsetat mehr als angespannt“, sagt Jürgens-Pieper.

Das bedeutet nicht nur weniger Lehrer, sondern auch die Verschiebung von Inklusions-Weiterbildungen um ein Jahr sowie keine neuen offenen Ganztagsschulen in 2013. Letzteres führt zu weiteren Problemen, denn eigentlich sollten Hortplätze abgebaut werden. „Diesem Problem werden wir nach der Sommerpause mit einem neuen Konzept begegnen müssen.“

Die CDU fordert indessen den Rücktritt der Bildungssenatorin als „Konsequenz aus dem sich wiederholenden Chaos an den Schulen“.  SCHN