: Für die Linkspartei – trotz Lafontaine
Antifa-Gruppen warnen vor fremdenfeindlichem Stimmenfang, wollen sich aber „nicht an Personen abarbeiten“
BERLIN taz ■ Nun erhält die PDS doch noch die Unterstützung, um die sich ein Teil der Partei jahrelang vergeblich bemüht hat: den Zuspruch der sozialen Bewegungen. 111 Gruppen und VertreterInnen von linken Basisinitiativen haben an PDS und WASG einen offenen Brief geschrieben, in dem sie den Zusammenschluss zur Linkspartei ausdrücklich begrüßen. Initiator dieses Briefes ist Berlins größte Antifa-Gruppe, die ALB (Antifaschistische Linke) sowie die Gruppe „Fels“ (Für eine linke Strömung).
Von einer starken Linkspartei erhoffen sie sich nicht nur konkrete Unterstützung bei ihrer politischen Arbeit, sondern auch Positionen im deutschen Bundestag, die in den vergangenen Jahren von den etablierten Parteien nicht mehr geäußert wurden. Als Wahlaufruf wollen die InitiatorInnen dieses Schreiben zwar nicht verstanden wissen. Aber sie begrüßen das Vorhaben der Linkspartei, die Hartz-Gesetze abzuschaffen. Und auch die Forderung nach der Einführung eines angemessenen Grundeinkommens sehen sie als „die richtige Antwort auf die momentane neoliberale Politik“.
Zugleich warnten sie die beiden Parteien aber davor, die soziale Frage auf dem Rücken anderer auszutragen. „Fremdenfeindlicher Stimmenfang hat in einer Linkspartei nichts zu suchen“, sagte Dario Azellini von Fels. Gegen wen sich diese Kritik richtet, ist klar: gegen den Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine. Man wolle sich zwar nicht an einzelnen Personen abarbeiten, so Azellini. Aber beim Thema Antirassismus gelte es, zumindest einigen der künftigen Linksparlamentarier die Sinne zu schärfen.
Eine sich links nennende politische Kraft stehe in der Pflicht, „gesellschaftlichem Rassismus offensiv entgegenzutreten und Partei für Flüchtlinge und MigrantInnen zu ergreifen“, heißt es in dem Brief weiter.
Die Auflösung der Abschiebelager, eine kostenlose Gesundheitsversorgung für alle in Deutschland lebenden Menschen und die Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber stehen ebenso in dem Forderungskatalog wie das Recht auf Legalisierung der hier lebenden Menschen ohne Aufenthaltsstatus. „Der Brief soll denjenigen Kräften in beiden Parteien den Rücken stärken, die nationalistischen Parolen einen Riegel vorschieben wollen“, sagte Antje Libermann von „Fels“.
Eine dieser Kräfte hat sich bereits zu Wort gemeldet. Katja Kipping, Spitzenkandidatin der PDS in Sachsen, wollte einen der Verfasser des Antifa-Briefs zum PDS-Sonderparteitag an diesem Wochenende in Berlin einladen und ihm Rederecht einräumen. Der Vorschlag wurde vom Parteivorstand jedoch abgelehnt, mit Verweis auf den straffen Zeitplan.
Dennoch zieht der Brief bereits Kreise. Der WASG-Landesverband Berlin will die darin enthaltenen Forderungen ebenso unterstützen wie auch zahlreiche Vertreter von Attac oder Medico International. Neben Antifa-Gruppen aus der ganzen Republik finden sich auch Professoren, mehrere linke Zeitungsprojekte und Kircheninitiativen unter den Erstunterzeichnern.
Auch Nachahmer haben sich gefunden. Anti-Kriegs-AktivistInnen um den PDS-Europaabgeordneten Tobias Pflüger, zugleich auch Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen, und die ehemalige PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke haben ein Manifest verabschiedet. Ebenfalls mit dem Ziel, dem neuen Linksbündnis „Mindeststandards“ auf den Weg zu geben.
Achtzehn Punkte enthält der Katalog, unter anderem die Forderung, dass Deutschland und die Bundeswehr sich an keinem Nato-Angriffskrieg mehr beteiligen dürfen. Die offenen Briefe sollen am Sonntag auf dem Bundesparteitag der PDS offiziell der Linkspartei überreicht werden.
FELIX LEE