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Archiv-Artikel

portrait Quotenkünstlerin soll RTL aufmöbeln

Angela Merkel hat es mit Hilfe einer Boygroup an die Spitze geschafft, Anke Schäferkordt mit einer Girlgroup – bestehend aus „Ally McBeal“ und den „Gilmore Girls“. Als Vox-Chefin setzte Schäferkordt beharrlich auf die US-Serien, obwohl sie damit zunächst weder Zuschauer noch Kritiker überzeugte. Das sollte sich bald ändern.

Heute gilt Vox unter Werbern als attraktivster Privatsender der zweiten Reihe, weil er für Qualität und Kreativität steht – Eigenschaften, die die Werbebranche bei RTL („Dschungelcamp“) und Pro7 („Die Burg“) zuletzt sehr vermisste. Unter Schäferkordt konnten sich bei Vox hingegen Formate wie die Deko-Soap „Einsatz in 4 Wänden“ oder die Erfolgsserie „CSI“ in aller Ruhe etablieren – beides ist mittlerweile durch seinen großen Erfolg ins Mutterprogramm RTL gehoben worden. Selbiges ist nun mit Schäferkordt passiert.

Als Geschäftsführerin von RTL soll die 42-Jährige dem angeschlagenen Sender nun wieder mehr Programmprofil geben. Wohin das gehen könnte, zeigte sich bereits gestern, als die Kölner den Kauf der US-Event-Serie „Rome“, einer Bombastproduktion übers alte Rom, verkündeten: wieder mehr ausländische Serien, wieder mehr Hochglanz. Also so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was man sich unter Unterschichtsfernsehen vorstellt.

Wie kaum jemand sonst im Privatfernsehen steht Schäferkordt für die Fähigkeit, hochwertige Unterhaltung auch gut zu verkaufen. „Das muss nicht mir gefallen, sondern der Zielgruppe“, beschreibt sie ihre Auswahlkriterien. Ein typisches Schäferkordt-Zitat. Klar, uneitel, strategisch klug. Diese Mischung hat ihr den Ruf als sachliche, ruhige, dabei durchsetzungsfähige Verhandlungspartnerin eingebracht. Bei einer Werbemesse hat sie einmal Karaoke gesungen – mehr Kapriolen gibt es von der gebürtigen Lemgoerin nicht zu berichten. Dafür sprechen die Zahlen für sie, und das ziemlich laut. Innerhalb von sechs Jahren hat die Betriebswirtin bei Vox 45 Millionen Euro Verlust in 32,6 Millionen Euro Gewinn umgewandelt. Kein Wunder, dass ihr Vorgänger Gerhard Zeiler bei der gemeinsamen Vorstellung am Mittwoch in Berlin sagte: „Diesmal passt wirklich alles zusammen.“

Schäferkordt ist die erste Frau an der Spitze des größten europäischen Privatsenders. Mit der Informationsdirektorin Ingrid M. Haas ist in den letzten Jahren noch eine weitere Frau in die unmittelbare Machtetage von RTL aufgestiegen. Eine Frauenoffensive ist von der neuen Spitze trotzdem nicht zu erwarten. Schäferkordt kündigte am Mittwoch nämlich noch eine weitere Programmneuheit an: eine Show mit Günther Jauch. Titel: „Typisch Mann, typisch Frau“. HANNAH PILARCZYK