: Neuer Streit über Schweizer Steuer-CDs
BANKGEHEIMNIS Nordrhein-Westfalen soll Datensätze für 3,5 Millionen Euro gekauft haben. Davon seien 1.000 deutsche Kunden der Privatbank Coutts in Zürich betroffen, heißt es
■ Was Banker ärgert und deutsche Finanzbeamte freut: Seit Jahren bieten ehemalige Angestellte ausländischer Geldhäuser den Steuerbehörden illegal gesammelte Listen mit den Namen und Daten deutscher Bankkunden an – und verlangen dafür sehr viel Geld.
■ Im Jahr 2006 kauften deutsche Finanzverwaltungen CDs aus Liechtenstein für 4,6 Millionen Euro. Ins Visier gerieten 800 Deutsche, die ihr Geld bei der Vaduzer LGT Treuhand angelegt hatten.
■ Im März 2010 soll Nordrhein-Westfalen Daten von tausend Kunden der Credit Suisse gekauft haben. Kosten: 2,5 Millionen Euro.
■ Im Juni 2010 soll der Bund gemeinsam mit Niedersachsen eine CD von Steuersündern in der Schweiz gekauft haben – für rund 185.000 Euro.
■ Im Oktober 2010 soll NRW erneut eine CD für 1,4 Millionen Euro gekauft haben, diesmal mit Informationen über Kunden der Schweizer Bank Julius Bär. Die Bank zahlt 50 Millionen Euro an deutsche Behörden, damit sie nicht weiterermitteln.
■ Im Oktober 2011 kauft NRW eine CD mit Daten von rund 3.000 mutmaßlichen Steuersündern in Luxemburg.
■ Insgesamt sollen durch den Ankauf der CDs inzwischen deutlich über eine Milliarde Euro in die Staatskassen gespült worden sein. (Quelle: FTD/taz)
VON ULRIKE HERRMANN
BERLIN taz/rtr | Zwischen der Schweiz und Deutschland droht neuer Ärger: Das Land Nordrhein-Westfalen soll eine weitere Steuer-CD gekauft haben, die Schweizer Bankdaten von etwa 1.000 vermögenden Deutschen enthält. Angeblich betrug der Kaufpreis 3,5 Millionen Euro, wie der Spiegel und die Financial Times Deutschland berichten. Zudem werde der Ankauf von zwei weiteren CDs geprüft.
Die schon erworbene Steuer-CD soll Daten der Privatbank Coutts in Zürich enthalten, die eine Tochter der Royal Bank of Scotland ist. Coutts erklärte jedoch, es gebe keine Hinweise, dass Kundendaten nach außen gelangt seien. Es liegt allerdings nahe, bei Coutts Schwarzgeld zu vermuten: Auf der Bank-Homepage heißt es, man beherrsche die „neuesten Strategien zur Optimierung der Steuereffizienz“.
Das Schweizer Staatssekretariat für internationale Finanzfragen wollte die Berichte nicht bestätigen. „Wir haben keine Anzeichen, dass dies stimmt“, sagte ein Sprecher. Das deutsche Finanzministerium wiederum beeilte sich zu versichern, man sei in den Ankauf „nicht eingebunden“.
Auch aus Nordrhein-Westfalen gab es keine direkte Bestätigung, dass eine CD gekauft wurde. Allerdings äußerte sich Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wohlwollend: „Erkenntnisse aus dem Ankauf von CDs“ seien nötig, „um Steuerhinterziehungen in gewaltigem Ausmaß auf die Spur zu kommen.“
Dieser Kommentar erregte Empörung in der Schweiz. Die dortige Bankiersvereinigung verlangte, dass Deutschland die CD-Käufe unterbindet: „Sie sind illegal.“ Drastisch äußerte sich auch Urs Schwaller von der Christdemokratischen Volkspartei: „Ich habe absolut kein Verständnis dafür, wenn sich ein Staat als Hehler betätigt.“
Es wird geschätzt, dass deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in die Schweiz geschafft haben. Im vergangenen September hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) daher ein Steuerabkommen mit der Schweiz unterzeichnet, das dieses Fluchtgeld legalisieren soll. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Vermögen mit Sätzen zwischen 21 und 41 Prozent rückwirkend versteuert werden. Die Konteninhaber bleiben allerdings anonym. Für die Zukunft soll dann mindestens die deutsche Kapitalertragssteuer von 25 Prozent gelten.
Dieses Steuerabkommen schließt nicht ausdrücklich aus, dass weitere Steuer-CDs erworben werden. Allerdings würden diese Kaufaktionen unattraktiv für den Fiskus, weil keine zusätzlichen Einnahmen mehr zu erwarten wären.
Das Steuerabkommen ist noch nicht ratifiziert, weil Grüne und SPD es im Bundesrat blockieren. Einer der Kritikpunkte ist, dass die Steuerbetrüger anonym bleiben. Denn die USA haben längst erreicht, dass die Schweiz die Namen amerikanischer Kontoinhaber nennt.
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