HAMBURGER SZENE VON ARNE SCHRADER : Unter Erfindern
Lautes Quietschen durch die Klappfenster. Im Inneren der Bahn klingelt es. „Jo … nee, nicht nach Aldi, Digga. Ich bin Hauptbahnhof.“ Mit Überzeugung vorgetragen, laut und voller Inbrunst. Die anderen Handylautsprecher hier wollen schließlich übertönt werden.
Das ist revolutionär, ein Aufbegehren. Aber von wegen verkommene, phlegmatische Jugend von heute! Ohne Interesse? Die nur protestiert, wenn Facebook sie wegen Wartungsarbeiten nicht mehr aufs Konto zugreifen lässt? Oder zur Nazi-Demo geht, weil es hip ist? Nein, da ist mehr, auch wenn es die Beteiligten noch nicht wissen.
Das hier ist innovativer Umgang mit Sprache. Eine neue Verständigungsebene. Sollen Beamte, Bürohengste und Paragraphenreiter doch weiter ihre Präpositionen formen, Dative nutzen und Akkusative bilden. Die echten Fälle? Gibt es bei Til Schweiger und Wotan Wilke Möhring im „Tatort“. Das hier ist viel unmittelbarer.
In den einschlägigen Haltestellen oder des Nachts von den Kneipen und Pinten kommend, überall hört man es laut und deutlich: Man geht nicht mehr zu einer Person und nach einem Ort, nein! Man geht nach Aldi, und vor allem: Man ist Hauptbahnhof. Das ist voller Einsatz, pure Identifikation mit der Sache!
Wird Zeit, dass die Elphi ihre eigene U-Bahn bekommt.