Zusammen arbeiten und Spaß dabei haben

COWORKING Viele Freiberufler arbeiten gemeinsam. Auf dem Festival atoms&bits reden sie darüber

Als sich Andrea Hötzeldt vor zwei Jahren als Politikberaterin selbstständig machte, veränderte sich ihr Alltag grundlegend. Sechs Jahre lang hatte sie als Festangestellte im Büro einer politikwissenschaftlichen Forschungseinrichtung gearbeitet. Dort gab es einen geregelten Arbeitsalltag, Austausch mit den Kollegen und gemeinsame Mittagessen. Nun fielen diese Strukturen weg. Zuhause und im Internetcafé fehlte ihr das kreative Umfeld, in den Büros ihrer Auftraggeber fühlte sie sich nicht zugehörig. Erst als sie Anfang des Jahres vom Betahaus in Kreuzberg hörte, einem gemeinsamen „Arbeitsraum für Kreative“, fand sie, was sie suchte: einen Ort mit „Leuten, die so wie ich arbeiten, unabhängig und international“. Ihr aktuelles Projekt betreut die 34-Jährige nun mit ihrem Laptop an einem der Tische im Gemeinschaftsbüro des Hauses.

Das Betahaus ist mit 120 festen Plätzen derzeit der größte Coworking-Ort Berlins. Weitere solcher „neuen Orte für neues Arbeiten“ sind das HUB oder das Studio 70. Im Gegensatz zum klassischen Gemeinschaftsbüro, wo mehrere Freiberufler einen Arbeitsraum anmieten und sich die Miete teilen, ist die Nutzung beim Coworking flexibel: Man kann stunden- oder tageweise kommen oder einen Platz rund um die Uhr buchen.

Das virtuelle Zuhause dieser neuen Arbeitskultur ist das Hallenprojekt (hallenprojekt.de), eine Internetplattform, die Coworking-Orte vernetzt. Wer in einem „Coworking-Space“ arbeitet, kann sich dort anmelden, bekommt ein Profil und kann mit anderen Mitgliedern – ob sie nun mit im Raum oder in einem anderen Ort sitzen – in Kontakt treten. Auch öffentliche Orte, wie WLAN-Cafés oder die Staatsbibliothek, sind hier als Orte für gemeinsames Arbeiten und Netzwerken aufgeführt. Für Sebastian Sooth, freier Projektmanager des Hallenprojekts, liegt darin die Zukunft neuer Arbeitsformen: „Gerade jetzt passiert viel, weil durch das Internet und Netzwerktools einiges möglich geworden ist, was nicht möglich war, als man noch per Post und Telefon kommunizierte.“

Ein kreatives Umfeld schaffen

Coworking schafft ein Umfeld, in dem oft gemeinsame Projekte entstehen, etwa das derzeit laufende Festival atoms&bits. Es entwickelte sich aus der Idee dreier Coworker des Studio70. Bei atoms&bits geht es um eine neue „Kultur des Selbermachens“, die das Netz möglich gemacht hat. Höhepunkt und Abschluss ist ein Treffen mit 400 Teilnehmern am Wochenende: Dabei soll es um neue Möglichkeiten politischer Partizipation gehen und frische Ansätze im Kulturbereich wie die Creative-Commons-Bewegung. Oder eben ums gemeinsame Arbeiten.

Sebastian Sooth kann viele Vorteile davon aufzählen: bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das kreative Potenzial, Firmen, die sich aus dem Coworking heraus gründen. Doch je fließender Arbeitsverhältnisse werden, desto mehr verschwimmen Arbeit und Privatleben. So geht mit der neuen Freiheit auch eine neue Verantwortung einher: irgendwann, wenn es genug ist, den Laptop zumachen und Feierabend machen. Anja Krieger

■ Samstag bis Sonntag: atoms&bits Camp, Betahaus, Prinzessinnenstraße 19/20 und IMA design village, Ritterstraße 12–15 atomsandbits.net/