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Archiv-Artikel

Zwei alte Gegner proben die Annäherung

Zum ersten Mal seit 1958 besucht ein irakischer Regierungschef den Iran. Es geht um Sicherheit und Wiederaufbau

BERLIN taz ■ Der offizielle dreitägige Staatsbesuch des irakischen Ministerpräsidenten Ibrahim al-Dschafari in Iran, der am vergangenen Samstag begann, wird von beiden Nachbarstaaten als „historisch“ eingestuft. Die Bedeutung, die Bagdad diesem Besuch beimisst, wurde dadurch bekundet, dass der Regierungschef in Begleitung einer hochrangigen Delegation, darunter zehn seiner Kabinettsmitglieder, in Teheran eintraf.

Es war der erste Besuch eines irakischen Regierungschefs im Iran seit 1958. Die vergangenen Jahrzehnte waren von ständigen Konflikten zwischen den beiden Staaten gekennzeichnet. Diese gipfelten in dem Krieg von 1980 bis 1988, dem mehr als eine Million Menschen auf beiden Seiten zum Opfer fielen. Dschafari rief bei seiner Ankunft zur Überwindung vergangener Konflikte auf. Die Außenpolitik beider Staaten sei untrennbar, und beide Staaten hätten gemeinsame Sicherheitsinteressen, sagte er nach einem Treffen mit dem iranischen Vizepräsidenten Mohammed Resa Aref.

„Wir können die Kälte der früheren Beziehungen überwinden und zu einem Vorbild für die Region werden“, erwiderte Aref. Gute Beziehungen zwischen Iran und Irak würden beiden Seiten sowie der Region und der gesamten islamischen Welt nützen. Sein Land sei bereit, sowohl politisch und wirtschaftlich als auch im Bereich der Sicherheit mit Bagdad zusammenzuarbeiten. „Das ist ein neues Kapitel im Verhältnis zum Irak“, erklärte der iranische Vizepräsident.

Vereinbart wurden ein Kooperationsabkommen für militärische Ausbildung und Sicherheitskoordination. Ein systematischer Austausch von Geheimdienstinformationen und gemeinsame Kontrolle der Grenzen sollen effektiver als bisher zur Zerschlagung terroristischer Netzwerke dienen und verhindern, dass der Islam zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werde. „Wir müssen der Welt zeigen, dass der Islam immer die Religion von Frieden und Menschlichkeit gewesen ist“, sagte Dschafari, der wie die Mehrheit der Iraker dem schiitischen Glauben angehört.

Auch Irans Staatspräsident Mohammad Chatami verurteilte den Terrorismus unter dem Vorwand des Islam und forderte Dialog statt Gewalt. Gleichzeitig betonte er, es sei die Pflicht der Nachbarn des Iraks, dem Land beim Wiederaufbau zu helfen. „Nur die Feinde des Iraks ziehen Chaos in dem Land vor“, sagte Chatami.

Zu den vereinbarten Aufbauprojekten gehört der Bau einer Zwillingspipeline von der irakischen Ostgrenze zu der iranischen Raffinerie in Abadan. Der Irak will bis zu 150.000 Barrel Rohöl pro Tag nach Abadan liefern und im Gegenzug Benzin und andere Raffinerie-Produkte erhalten. Die Pipeline soll spätesten in sechs Monaten fertig sein. Beide Staaten wollen auch die Handelsbeziehungen ausweiten. Teheran stellte in Aussicht, iranischen Unternehmern im Irak eine Milliarde Dollar Kredit zur Verfügung zu stellen. Schließlich soll der Tourismus zwischen den beiden Ländern, vor allem die Reise von jährlich hunderttausenden iranischen Pilgern in die heiligen Städte Nadschaf und Kerbela, besser organisiert und ausgebaut werden.

Politische Beobachter in Teheran und Bagdad betrachten die Vereinbarungen lediglich als ersten Versuch einer tatsächlichen Annäherung der beiden Staaten, zumal sie von Regierungen getroffen wurden, die nicht mehr allzu lang im Amt sein werden. Die Regierung im Irak ist eine Übergangsregierung, und die in Teheran tritt am 4. August ab. Es ist fraglich, ob die Nachfolgeregierungen diesen Kurs fortsetzen und ob die USA sowie die arabischen Staaten eine weitere Annäherung der Schiiten im Irak und Iran dulden werden.

BAHMAN NIRUMAND

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