: Verfassungsschutzchef darf nicht Ehrenprofessor werden
FEHLSTART Freie Universität Berlin lehnt Ehrung ab. Maaßen bedauert das – und bereut nichts
BERLIN taz | Hans-Georg Maaßen, der von August an neuer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz wird, sollte auch Honorarprofessor werden. Doch an der Freien Universität Berlin weigerte sich die Mehrheit der Mitglieder des Akademischen Senats in einer nichtöffentlichen Sitzung in der vergangenen Woche aus politischen Gründen, ihn zu berufen.
Elf Jahre lang hatte der Jurist und Ministerialbeamte Maaßen als Lehrbeauftragter an der FU Vorlesungen und Seminare. In der vergangenen Woche wollte ihn die juristische Fakultät dafür mit einer Honorarprofessur ehren. In einem externen Gutachten von drei Juristen anderer Unis, das der taz vorliegt, hieß es, Maaßen sei ein „seltener und besonderer Gewinn“. Er wurde als ausgewiesener Experte für Ausländer-, Asyl- und Europarecht bezeichnet, seine Publikationen sollen „schlechterdings unentbehrlich“ sein. Und vor allem: Er habe als Beamter des Innenministeriums Praxiserfahrung.
Genau diese wurde ihm in einer Abstimmung im Akademischen Senat am 11. Juli aber zum Verhängnis. Nachdem die Juristen ihre Argumente für Maaßen vortrugen, kritisierten mehrere Professoren die Rolle des Beamten im Fall des Bremer Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz. Diese hatten auch Grüne und Linke kritisiert.
Maaßen hatte 2002 als Referatsleiter Ausländerrecht ein Gutachten verfasst, in dem er darlegte: Kurnaz’ Aufenthaltsgenehmigung sei abgelaufen, weil er sich mehr als sechs Monate im Ausland aufgehalten habe. Im Falle einer Freilassung könne er also nicht ohne Weiteres in die Bundesrepublik einreisen. Im Akademischen Senat fanden Kritiker, dass diese Haltung nicht mit den Grundwerten der Freien Universität vereinbar sei. In der geheimen Wahl stimmten zwölf Mitglieder gegen ihn, zehn für ihn, eine Person enthielt sich. Der Vorgang ist ungewöhnlich, denn die Zustimmung zu einer Honorarprofessur gilt in einem solchen Gremium als Formalie. Der Jurafachbereich und das Universitätspräsidium wollten sich zu dem Fall nicht äußern.
Dafür hatte Maaßen selbst am Donnerstagnachmittag das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Er bedauere die Entscheidung der FU, sagt er. Ihm gehe es aber nicht um den Titel: „Es ist mir schnurz, ob ich Honrorarprofessor bin.“ Ihn beschäftige vielmehr, dass er nicht als Person angegriffen worden sei, „sondern in meiner Funktion“ – als leitender Beamte des Sicherheitsapparats. Inhaltlich nahm er nichts zurück. Er habe damals lediglich die rechtliche Regelung beschrieben. Kurnaz hätte im Falle einer gewünschten Einreise ein Visum oder eine neue Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden können. In Sicherheitskreisen fielen harsche Töne über die Kritik an Maaßen. Das sei eine „große Schweinerei gegenüber einem unserer besten Leute“.
Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland hatte scharfe Kritik an der Berufung Maaßens zum obersten Verfassungshüter durch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) geübt. „Für einen Neuanfang wäre eine Person von außen glaubwürdiger als ein Beamter aus dem Bundesinnenministerium“, erklärte der Bundesvorsitzende des Migrantenverbands, Kenan Kolat. Maaßen sei der Fachöffentlichkeit für seine restriktive Haltung zum Migrations- und Flüchtlingsrecht bekannt, sagte Kolat. „Im Kampf gegen Rassismus und Rechtsterrorismus brauchen wir jedoch einen Experten.“
Maaßen selbst sagt: „Ich möchte gern Verfassungsschutzpräsident werden.“ Es sei eine große Herausforderung, wieder Vertrauen in die Behörde aufzubauen. S. ERB, L. THIO