: Zwischen Abrüstung und Israel-Hass
UN-GENERAL- VERSAMMLUNG Der UN-Sicherheits- rat will eine Welt ohne Atomwaffen, Ahmadinedschad eine ohne Israel
VON ANDREAS ZUMACH
Einstimmig hat der UN-Sicherheitsrat am Donnerstag eine Resolution angenommen, die die Abschaffung aller Atomwaffen anstrebt. In der von den USA zur Abstimmung gebrachten Resolution 1887 rufen die 15 Mitgliedstaaten des Sicherheitsrats zu größeren Anstrengungen gegen die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen, gegen einen möglichen Atomterrorismus und für Abrüstung auf. Geleitet wurde die Sitzung des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen von US-Präsident Barack Obama. „Diese Resolution gewährleistet unser gemeinsames Bekenntnis zu einer Welt ohne Atomwaffen“, sagte er unmittelbar nach der Abstimmung.
Im April hatte Obama bei einem Besuch in Prag seine Vision einer Welt ohne Atomwaffen vorgestellt. Dass er als erster US-Präsident den Vorsitz bei einer UN-Sicherheitsratssitzung führte, sollte sein Engagement für eine atomwaffenfreie Welt bekräftigen.
Tags zuvor hatte Obama bei seiner ersten Rede vor der UN-Generalversammlung in deutlicher Absetzung von der unilateralen und oft UN-feindlichen Politik seines Vorgängers George Bush die Bereitschaft der USA zu „gemeinsamen, multilateralen Anstrengungen zur Bewältigung der globalen Probleme“ betont.
Obamas Initiative zur Verhinderung atomarer Waffenproliferation zielt darauf ab, den internationalen Druck auf Atomwaffenaspiranten wie Nordkorea oder den Iran zu erhöhen und einem Scheitern der für Mai 2010 anberaumten Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags vorzubeugen. Zu diesem Zweck sollen die Kompetenzen der Internationalen Atomenergieagentur gestärkt werden. Am kommenden Mittwoch wollen hochrangige Vertreter Irans und der Sechs-Länder-Gruppe (USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) in Genf die im vergangenen Jahr unterbrochenen Verhandlungen über Irans Atomprogramm wiederaufnehmen. Für den Fall, dass diese Verhandlungen scheitern sollten, drohen die vier westlichen Staaten mit weiteren Sanktionen. Diese Möglichkeit hat am Mittwoch auch der russische Präsident Dmitri Medwedjew erstmals nicht mehr ausgeschlossen (siehe rechts).
Vom Ausgang des Konflikts mit dem Iran hängt nach Ansicht vieler UN-Diplomaten auch der Erfolg von Obamas Abrüstungsinitiative ab. So bekräftigte denn auch Obama bei seiner Rede vor der Generalversammlung die Forderung an die Adresse des Irans, der Resolution des Sicherheitsrats nachzukommen, in der die Einstellung der Urananreicherung verlangt wird – eine Forderung, die der iranische Präsident Mahmud Ahmedinedschad in seiner Rede vor der Generalversammlung zurückwies. Der Iran wolle keine Atomwaffen entwickeln, sagte Ahmedinedschad, werde aber sein „ausschließlich auf Energiegewinnung“ zielendes Nuklearprogramm inklusive der Anreicherung von Uran ohne Einschränkung fortsetzen.
Auch sonst sorgte Ahmedinedschad mit seinem Auftritt für einen veritablen Eklat: Er nannte das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser „Völkermord“ und warf den Juden vor, die internationale Politik zu dominieren. Israel boykottierte die Sitzung am Mittwochabend in New York. Zahlreiche andere Teilnehmer, darunter auch die deutsche Delegation, verließen den Saal aus Protest gegen diese antiisraelischen Tiraden.
Auf den Streit über das Atomprogramm seines Landes ging Ahmadinedschad mit keinem Wort ein. Er versicherte nur allgemein, Teheran wolle sich „konstruktiv“ daran beteiligen, internationale Probleme und Herausforderungen anzugehen. Die umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen nannte er „glorreich und voll demokratisch“.
Für einen nicht minder großen Eklat sorgte Libyens Staatschef Muammar Gaddafi, der den Sicherheitsrat als „Terrorrat“ bezeichnete und die UN-Charta zerriss. Die Vetomächte, so Gaddafis Kritik, würden die übrigen Staaten als Länder zweiter Klasse behandeln. Als er ans Rednerpult trat, war er vom libyschen Präsidenten der UN-Vollversammlung, Ali Treki, als „König der Könige“ angekündigt worden; trotz der offiziellen Beschränkung der Redezeit konnte Gaddafi anderthalb Stunden lang reden. (mit dpa, ap)