berliner szenen: Heiße Schokolade mit Neon
Die Weihnachtslichter am Ku’damm sind noch da. „Sie sind so kitschig“, sagt eine Freundin, die seit Kurzem dort in der Nähe wohnt. Anfang November bekam sie ein Kind, und mit mir macht sie nun einen ihrer ersten „Erwachsenenausflüge“, wie sie sie nennt – also ohne Kind, nur unter Erwachsenen.
„Und, was macht man so beim Erwachsenenausflug?“, fragt eine andere Freundin sie über Whatsapp. „Na, heiße Schokolade trinken gehen! Was Erwachsene halt so machen“, sagt sie zu ihrem Handy und die Freundin lacht sich kaputt.
Aber den Plan finden wir perfekt für einen eiskalten Nachmittag. Wir entdecken ein kleines italienisches Restaurant in der Suarezstraße, wo heiße Schokoladen aus Perugia verkauft wird. Die Schokolade ist richtig dick und vor allem: Sie ist richtig heiß, was ich fantastisch finde.
Das kommentieren wir auf Spanisch. Die Verkäuferin versteht uns und bedankt sich für das Lob. Sie erzählt von einem Straßenfest, das vor Corona in Perugia stattfand, auf dem alles aus Schokolade gemacht wurde. „Alles!“, betont sie. Von der Pasta mit Schokoladensoße bis zu Haarbehandlungen auf Kakaobasis, Skulpturen und sogar Kletterwänden. Während wir uns unterhalten, serviert ihr Vater drin im Restaurant das Abendessen für die Familie. Wir bekommen Hunger, und außerdem dürfen wir nicht länger dort bleiben, die Getränke sind ja zum Mitnehmen.
Also gehen wir weiter und bewundern die Antiquariate der Straße. Wir lieben die alten Neonschilder, die von einem Westberlin zeugen, das wir nur aus Filmen und von Fotos kennen. Wir sind von älteren Ehepaaren berührt, die mit Hut oder Hand in Hand den Ku’damm entlangspazieren. „Von wegen kitschig: Die Lichter sind doch schön“, sage ich, während wir zur ihr nach Hause eilen, denn das Baby ist wach geworden.
Luciana Ferrando
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