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Archiv-Artikel

„Große Koalition wäre absolut schlecht“

Die Linkspartei nimmt auch der Union Stimmen weg – das ist für CSU-Generalsekretär Markus Söder nur ein „medialer Hype“. Seine Botschaft: Wo die Union regiert, geht es den Leuten besser. Den Liberalen rät er, „das Störfeuer einzustellen“

INTERVIEW ULRIKE HERRMANNUND ULRIKE WINKELMANN

taz: Herr Söder, die Linkspartei wächst – und die Union verliert an Stimmen. Was läuft falsch?

Markus Söder: Halt, das ist erst mal ein schwerer Bruderzwist in der SPD. Außerdem, davon bin ich überzeugt, hat die Linkspartei ihren Zenit erreicht. Trotzdem: SPD und Gewerkschaften müssen gegenüber den Ultralinken eine härtere Gangart anlegen und sich stärker von Lafontaine und Gysi distanzieren. Auch wir werden mit Argumenten kontern.

Das heißt?

Jetzt beginnt der Kampf. Die PDS-Regierungen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin – das sind doch keine Siegerformationen. Wir werden den Wählern vorrechnen, was die Linkspartei bedeutet. Das ist ein Standortschädigungsprogramm, das Arbeitsplätze kostet.

Das glauben Ihnen aber nicht genug Wähler. Es sieht so aus, als bliebe der Union nur noch die große Koalition mit der SPD.

Schröder ist fertig. Die große Koalition wäre absolut schlecht für Deutschland. Schlechter wäre nur noch eine Volksfront von Grün-Rot-Rot.

Gerade die Ostdeutschen tendieren zur Linkspartei. Dabei sollte die Ostdeutsche Merkel in ihrer Heimat punkten. Nochmal: Was läuft falsch?

Das ist doch vor allem medialer Hype. Wir werden den Leuten erklären: Wo die Union regiert, da geht es den Menschen besser.

Aber Sie haben schon mitregiert – im Bundesrat.

Dort haben wir nur das Schlimmste verhindert.

An Optimismus fehlt es der CSU tatsächlich nicht. Ihr Chef Edmund Stoiber hat versprochen, die Arbeitslosigkeit auf 4 Prozent zu senken. War das schlau? Kanzler Schröder ist schon mit dem Ziel gescheitert, die Zahl der Erwerbslosen auf 3,5 Millionen zu drücken.

Stoiber hat gesagt, wir wollen in Europa wieder die Nummer eins werden, unsere unmittelbaren Nachbarn wie Österreich überholen. Diesen Ansporn hat er verdeutlicht – und nicht wie Schröder unseriöse Versprechungen gemacht.

Wo soll das Wachstum herkommen? Linke wie rechte Ökonomen sagen: Das Problem ist die schwache Kaufkraft. Eine erhöhte Mehrwertsteuer würde das noch verschlimmern.

Man steigert die Nachfrage nicht, indem man den Bürgern hundert Euro mehr in die Tasche steckt. Die Leute haben Angst um ihren Arbeitsplatz, deshalb kaufen sie nicht.

Ihr potenzieller Koalitionspartner FDP ist aber vehement gegen eine erhöhte Mehrwertsteuer.

Jeder kämpft für sich. Das CSU-Ziel ist 50 Prozent plus x. Es wäre sehr sinnvoll, wenn sich die Liberalen auf ihre Kernklientel konzentrieren und das Störfeuer einstellen würden. Ihre Steuermathematik ist nicht nachvollziehbar. 35 Milliarden Euro Einsparungen im Bundeshaushalt sind unrealistisch.

Während die Union auf „Ehrlichkeit“ setzt. Doch scheinen Sie jeden Steuereuro zweimal auszugeben. Sie wollen Eltern bei der Rente beglücken, Kombilöhne einführen, eine Gesundheitsprämie sozialverträglich gestalten, die Einkommensteuern senken. Das wird teuer.

Sie vergessen, dass sich bei der Bundesagentur für Arbeit Milliarden einsparen lassen. Zudem wird die Pendlerpauschale maßvoll reduziert, die Steuerfreiheit für Nacht- und Sonntagszuschläge fällt weg. Millionenschwere Abschreibungsmöglichkeiten durch Fonds für Medien oder Schiffe wird es nicht mehr geben – und auch nicht für Windkraft, was Sie in der taz wahrscheinlich besonders schmerzen dürfte.

Trotzdem steuern Sie auf ein Milliardenloch zu. Die Kopfpauschale alias Gesundheitsprämie dürfte eine weitere Mehrwertsteuererhöhung erfordern.

Nein. Null. Die Prämie wird sich durch Einsparungen bei Ich-AGs und ABM-Maßnahmen finanzieren – und zum Teil auch durch das Wirtschaftswachstum selbst.

Und wenn es ausbleibt?

Niemand erwartet, dass das Wachstum sofort am 2. Januar 2006 anziehen wird. Aber wir haben keine Alternative, wir müssen erfolgreich sein.

Wenn die Union die nächste Regierung stellt – kommen dann auch Bayern an die Macht?

Das entscheidet sich nach der Wahl.

Was machen Sie dann? Sie gelten als einer der CSU-Hoffnungsträger.

Ich bleibe CSU-Generalsekretär, das ist ein toller Job, sehr nah am Ohr des Volkes.

Und mit welchen weiteren Ämtern ist dieser Job kombinierbar?

Nur mit dem Aufsichtsrat beim 1. FC Nürnberg.