: Himmelspoesie, für immer verloschen
BRANDGEFAHR Schleswig-Holstein hat soeben die beliebten chinesischen Reispapierlampen verboten. Denn was so adrett zum Himmel aufsteigt, kann auch mal brennend auf Reetdach oder Wäldchen landen
Das Schöne, schrieb Rainer Maria Rilke einmal, sei „nichts als des Schrecklichen Anfang“, und die kurze Geschichte der chinesischen Himmelslaternen in Deutschland gibt dem Dichter Recht. Denn dass die so schön anzusehenden Reispapierlampions, die gelb leuchtend in den Himmel aufsteigen, brandgefährlich sind, wenn sie sich in Bäumen verfangen oder ausglühend auf Reetdachhäusern, Feldern und Wäldern landen: All das lässt sich nur schwer beschönigen.
Zurecht hat gerade Schleswig-Holstein als letztes Flächenland die Brandfackelpoesie verboten, und zu Recht werden Hamburg und Bremen bald nachziehen. Trotzdem möchte man im Augenblick ihres Verlöschens der Himmelslaterne eine Träne nachweinen.
Ein einsames Licht in die Nacht ziehen oder eine Lichterflotte still den Himmel durchschiffen zu sehen: darin steckt die ganze Melancholie des Fahrenlassens, aber auch die Utopie des Vertrauens. Etwas geht unwiederbringlich zu Ende, ein Neues beginnt. Wer eine Himmelslaterne anzündet, blickt ihr hinterher, verträumt, erinnernd, hoffend. Darum hat sie auch nie in ihrer Geschichte für den Trubel getaugt, anders als das ebenfalls aus China importiere Feuerwerk, dessen grelle und knatternden Himmelsextasen unschwer als sexuelle Metaphern lesbar sind. Und das heute so gut zündet, weil es die kommerzverordnete Sterilität der Volksfeste zu kompensieren verspricht.
Nur hat man leider hierzulande den Unterschied von Feuerwerk und Himmelslaterne nie begriffen – und die Lampions gern mal als Partyspaß steigen lassen. Die Sicherheitsbestimmungen auf der Verpackung – Kleingedrucktes, das dann keiner mehr las. In Fernost fliegen die Dinger seit nahezu 2.000 Jahren, hier seit zweien. Und jetzt nicht mehr. Zu Recht. Aber wohl auch, weil niemand damit umgehen konnte. MAXIMLIAN PROBST