: Geschichte auf der Kippe
Günter Zints Fotoarchiv dokumentiert ein Stück spezifisch bundesdeutscher Vergangenheit. Er kann es nicht mehr unterhalten und keiner will es haben
von Gernot Knödler
Dem PAN-Fotoarchiv droht der Weg auf die Müllkippe. 65 Stahlschränke mit vier Millionen Fotos, ein üppig bestücktes Archiv der westdeutschen Musikszene, Subkultur und sozialen Bewegungen würde im Orkus verschwinden. Seit 1962 hat der Fotograf Günter Zint darin seine eigenen Bilder gesammelt, die Nachlässe anderer Fotografen und überdies 30 Zentner Fotos auf Glasplatten, die die Landesmedienzentrale in die Tonne treten wollte. Seit die meisten Fotoarchive digitalisiert sind, verursacht das PAN-Archiv im wesentlichen Kosten – Verluste, die Zint, der 2006 seinen 65. Geburtstag feiert, nicht mehr lange tragen kann. Alle Versuche, jemanden zu finden, der das Archiv übernähme, scheiterten. „Wir haben es überall angeboten, wo man es anbieten kann“, sagt Zint.
Er hat die Beatles fotografiert, als sie im Star Club an der Reeperbahn ihre Karriere starteten. Er hat die Demonstrationen von 1968 nach dem Attentat auf Rudi Dutschke abgelichtet, Günter Wallraff bei seinen verdeckten Recherchen begleitet und den Widerstand gegen das AKW Brokdorf. Manche seiner Fotos sind zu Ikonen geworden. Sie zierten Plattencover, Zeitschriftentitel und nicht zuletzt alternative Medien wie die taz und ak (Arbeiterkampf, später analyse + kritik).
„Bis vor zwei Jahren habe ich noch Gewinn gemacht“, erzählt Zint. Das Archiv habe davon gelebt, dass Fotoredakteure anriefen und nach Bildern fragten. Mit den digitalisierten Archiven der Branchenriesen Corbis, Getty Images und Hachette könne er jedoch nicht mithalten.
Die Umsätze gehen seit Jahren zurück. 1998 verlegte Zint das Archiv von Hamburg auf seinen Bauernhof nach Fahrendorf, um Miete zu sparen. Er verringerte die Zahl der Mitarbeiter und wird trotzdem von den Kosten – 2.000 Euro im Monat – aufgefressen. Den Bestand zu digitalisieren, kann er sich nicht leisten.
Um auf den bedrohten Schatz des PAN-Archivs aufmerksam zu machen, druckt die taz hamburg in loser Folge einige der schönsten Fotos von Günter Zint.