Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wo NPD-Anhänger sich auf einem Hof eingenistet haben

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Die Forderung an den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) ist eindeutig: „Das NPD-Zentrum in Eschede muss geschlossen werden!“ Über 32.600 Personen haben – Stand Mittwochmittag – diese Petition vom Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, dem Bündnis gegen Rechtsextremismus Eschede und dem Forum gegen Gewalt und Rechts­extremismus Celle bereits unterzeichnet.

„Schon jetzt ein Erfolg“, sagt Wilfried Manneke vom Netzwerk Südheide. Seit gut vier Wochen ist die Petition samt offenem Brief an Pistorius online. Das Ziel der Initiator*innen: 35.000 Unterschriften.

Seit über 30 Jahren sei der Hof des NPD-Anhängers Joachim Nahtz in Eschede ein „Zentrum verschiedenster rechtsextremistischer Kreise und Organisationen“, schreiben die Bündnisse und Netzwerke in dem offenen Brief. Dort kämen „Neonazis aller Schattierungen, neonazistische Jugendorganisationen, junge und alte NPDler“ zusammen, um „Brauchtumsfeiern“ auszurichten, die „der Stärkung der Szene nach innen“ dienen würden. Bei den Veranstaltungen würden auch „Kinder und Jugendliche früh auf das rechtsextremistische Gedankengut eingeschworen“. Und die Gewaltbereitschaft der Szene werde immer wieder deutlich, sei es durch erhebliche Waffenfunde bei Hausdurchsuchungen oder aggressivem Auftreten gegenüber der Bevölkerung.

Im vergangenen Jahr hatte Nahtz den Hof an die NPD verkauft. Parteianhänger*innen renovieren nun die heruntergekommenen Gebäude. „In der Region wächst die Sorge, dass hier erneut ein Schulungszentrum für rechtsradikale Aktivitäten und Gesinnung entsteht“, sagt Manneke. Und der ehemalige Pastor erinnert an „Hetendorf 13“.

In der kleinen Gemeinde, nur 24 Auto-Minuten von Eschede entfernt, nutzte der rechtsextreme Anwalt Jürgen Rieger von 1978 bis 1998 ein Anwesen für Schulungen, Brauchtumsfeiern, Wehrsportübungen, Lager und Versammlungen. Über verschiedene Trägervereine hatte Rieger, 2009 verstorben, das Grundstück gehalten. Jahrzehnte, in denen dort viel rechte Prominenz referierte. 1997 nahm Beate ­Zschäpe an einer Tagungswoche in Hetendorf teil.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Das Zentrum löste erst nach und nach vor Ort Protest aus. Die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten wurden ab 1995 mehr – und der Druck auf die politisch Verantwortlichen wuchs. 1998 schloss der damalige niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) „Hetendorf 13“ – wegen Verfassungswidrigkeit.

Daran erinnern die Initiator*innen der Petition. Ein geplantes Treffen mit Pistorius musste wegen der Coronapandemie zwar verschoben werden, der Innenminister habe bei einem Telefonat aber versichert, eine Schließung zu prüfen, sagt Manneke.