: Vegetarier Bund (Vebu)
Der Vebu eröffnet ein Menschenfleisch-Restaurant und engagiert sich gegen Verzehr tierischer Produkte
■ Die nächste Veranstaltung in Berlin ist am 18. August: Vegan-Vegetarisches Sommerfest, ab 10 Uhr, auf dem Alexanderplatz: www.vegan-vegetarisches-sommerfest.de
■ Im Netz: www.vebu.de
Humor muss sein. Das findet zumindest der Vegetarierbund Deutschland (Vebu). Um ihre Message einer fleischlosen Ernährung unter die Menschen zu bringen, setzt die Organisation auf satirische Aktionen und knackige Slogans. Seine 2010 durchgeführte Kampagne „Flimé“ bewarb der Vebu mit der Eröffnung eines Menschenfleischrestaurants. Die Idee: Statt Tier- sollte Menschenfleisch serviert werden. Innerhalb kürzester Zeit war das Restaurant ausgebucht, Medien aus der ganzen Welt berichteten darüber, Dutzende Menschen boten sich als Fleischspender an.
So spaßig und irritierend diese PR-Aktion im ersten Moment erscheinen mag, so ernsthaft ist ihre Botschaft. In einem Video, das die Organisation anlässlich der Eröffnung ihres Menschenfleisch-Restaurants im Internet veröffentlichte, rechnet Vebu-Geschäftsführer Sebastian Zösch vor, dass 50 Prozent der jährlichen weltweiten Getreideernte an Nutztiere verfüttert wird. Dem gegenüber stünden eine Milliarde Menschen, die hungerten, weil es in ihrer Heimat nicht genug Nahrung gebe. Doch das sei nur eines der vielen Probleme, die mit Fleischkonsum in Verbindung stehen. Weitere seien Wasserverschwendung, Artensterben und Klimawandel. „Der Fleischkonsum verschärft diese Probleme“, sagt Zösch in dem Online-Video.
Für den Vebu gibt es daher nur eine Lösung: Die Menschen müssten ihr Nahrungsverhalten verändern. Statt Hackepeter, Fleischwurst und Nackensteak, solle Gemüse, Obst und Tofu auf den Teller. Und so ist es das Ziel der Organisation, den Fleischkonsum so weit wie möglich zu reduzieren. Dabei verlässt sich der Vebu nicht nur auf spektakuläre PR-Aktionen, sondern kümmert sich zugleich darum, die Menschen mit einem umfangreichen Bildungsprogramm aufzuklären. Darüber hinaus bietet die Organisation verschiedene Serviceleistungen und ein vielseitiges Mitmachprogramm an. „Wir wollen den Menschen die vegetarische Lebensweise schmackhaft machen“, sagt Zösch im Gespräch mit der taz.
Die Arbeit des Vebu hat eine lange Tradition. Gegründet hat sich die Organisation 1892 in Leipzig, um den Vegetarismus in Deutschland zu verbreiten, wobei sich seine Arbeit auf größere Städte wie Leipzig, Berlin und Frankfurt konzentrierte. Vor allem in Berlin etablierte sich bis zur Machtübernahme der Nazis die vegetarische Lebensweise: Es gab mehrere Vereine und Interessengruppen, vegetarische Gaststätten, einen Gesangsverein, Vorträge, Kochvorführungen und eine Leihbibliothek. Als die Gleichschaltung drohte, löste sich der Vebu 1935 auf. Nach dem Krieg gründeten sich verschiedene Vegetarierverbände, die sich erst 1973 wieder zu einem großen Verbund zusammenschlossen. Inzwischen zählt der Vebu über 100 Regionalgruppen in ganz Deutschland.
Wie die Zahl der Regionalgruppen ist auch das Angebot des Vebu seit der Neugründung 1973 stetig gewachsen. Zu dem Magazin natürlich vegetarisch, das sich auf verschiedenen Ebenen mit den Themen Ernährung, Gesundheit, Ethik, Tierschutz und Umwelt auseinandersetzt, gesellten sich unter anderem eine Ernährungshotline, die Messe „VeggieWorld“, zahlreiche Sommerfeste und Veranstaltungen wie das Vegan-Vegetarische Sommerfest Berlin, das Musikfestival „Greentunes“ und das Straßenfest Veggie Street Day, bundesweite vegetarische Grillaktionen und eine eigene Ausstellung auf der Frankfurter Buchmesse. SchülerInnen und LehrerInnen, die über das Thema Vegetarismus referieren möchten, finden beim Vebu Hilfe und Unterrichtsmaterialien, Singles können hingegen beim „Veggie-Speed-Dating“ mit Gleichgesinnten flirten. „Unser Ziel ist es, die vegetarische Ernährung möglichst vielen Menschen als attraktive Alternative näherzubringen. Deshalb schaffen wir ständig neue Angebote“, sagt Vebu-Pressesprecherin Elisabeth Burrer.
Das Engagement des Vebu scheint Früchte zu tragen. Wie Zösch berichtet, habe sich die Mitgliederzahl der Organisation in den letzten drei Jahren auf über 6.000 Mitglieder verdoppelt, riefen immer mehr Städte zum „Veggie-Tag“ auf und seien die veganen Stammtische gut besucht. Zudem hätten in Berlin in den vergangenen Jahren eine Vielzahl vegetarischer und veganer Restaurants eröffnet. „Die Menschen haben erkannt, dass es einfacher geworden ist, fleischfrei zu leben“, sagt Zösch. Vor Kurzem hat der Vebu eine Zahnpasta entwickelt, mit dem der Körper auch ohne tierische Produkte an das wichtige Vitamin B12 kommen kann. Wer den Vebu unterstützen will, kann Mitglied werden, den Newsletter abonnieren oder sich ehrenamtlich im Vebu-Büro in Friedrichshain engagieren. Zösch und Burrer empfehlen darüber hinaus, sich in den Regionalgruppen einzubringen, da dort sehr viel geschehe. So würde die Regionalgruppe Berlin Infostände betreuen, bei der Durchführung von Kampagnen helfen und sich um andere Aktionen kümmern. Für diejenigen, die nicht so viel Zeit haben, hat Zösch ebenfalls einen Rat: „Am meisten ist uns damit geholfen, wenn die Menschen nein sagen zu Fleisch“, sagt Zösch. LUKAS DUBRO