: Ein kostenloses Netz für alle
VON SEBASTIAN PUSCHNER
Es ist bereits ein Ritual: Die Verkehrsbetriebe erhöhen die Ticketpreise und verweisen auf die gestiegenen Energiekosten. Es gibt einen Aufschrei bei den Verbrauchern. Doch es ändert sich nichts. Bis die Preise wieder erhöht werden.
Das ist nicht nur langweilig, das ist politisch falsch. Berlin sollte sich im öffentlichen Nahverkehr endlich mehr trauen. Und zwar mit einem kostenlosen Netz für alle.
Eine gemeinschaftliche, also auf Steuereinnahmen basierende Finanzierung des Nahverkehrs hat noch keine Kommune in Deutschland gewagt. Berlin wäre für ein solches Projekt Aufmerksamkeit allenthalben gewiss – Lobeshymnen für den Wagemut und Spott für die vermeintliche Verschwendungssucht inklusive.
Keine Kontrollen
Nicht nur, dass sich die Stadt so der wiederkehrenden, destruktiven Wut ihrer Einwohner über steigende Ticketpreise entledigen könnte. Berlin könnte zeigen, dass sich politischer Gestaltungswille rechnen kann: keine Ausgaben mehr für Hunderte von Schwarzfahrern, die jedes Jahr in den Knast wandern. Keine Not, jeden Tag Fahrgäste unter Generalverdacht zu stellen und mit Fahrscheinkontrollen zu malträtieren.
Stattdessen: Arbeitgeber, die sich gern in Berlin ansiedeln – einer solch entspannten Stadt, in der jeder ohne nachzudenken in die U-Bahn hüpfen kann, um zum nächsten Termin zu gelangen. Noch mehr Touristen, die gern ordentlich City-Tax zahlen, wenn sie dafür ihre wertvolle Urlaubszeit nicht für eine Einarbeitung ins Tarifsystem des Nahverkehrs verschwenden müssen. Und schließlich ein Finanzsenator, der jede Energiepreis-Steigerung locker in seinen Haushalt einkalkuliert.
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