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: Trumps Ausflug aus dem Krankenhaus gefährdet die, die ihm helfen

Zu den wenigen Dingen, auf die bei Donald Trump Verlass ist, gehört, dass er skrupel- und rücksichtslos ist. Seit dem Beginn seiner Corona-Infizierung hat der US-Präsident das auf vielfache Art erneut bestätigt. Zuletzt am Sonntagabend, als er seine Isolierstation im Militärkrankenhaus Walter Reed verließ, um eine Spritztour zu fähnchenschwingenden Unterstützer:innen in Bethesda zu machen.

Aus dem Motiv, den starken Mann zu markieren, der er nie war, brachte er dabei Menschen in Gefahr. Für seine PR geht Trump über Leichen. Sollte auch nur ein Bruchteil der widersprüchlichen Informationen stimmen, die Trumps Team an die Öffentlichkeit gelassen hat, dann war der Präsident bei seinem Ausflug vermutlich noch ansteckend. Nachdem er in der Vorwoche bereits im Weißen Haus und bei Besuchen in insgesamt fünf Bundesstaaten Tausende von Personen in Gefahr einer Infektion gebracht hat, kamen am Sonntagabend zusätzliche Personen dazu. Unter ihnen Krankenhauspersonal, Personenschützer und Fahrer. Sie alle müssen jetzt, wie ein Arzt aus Walter Reed tweetete, für zwei Wochen in Quarantäne. Sie alle riskieren, selbst die lebensbedrohliche Krankheit zu bekommen. Sie waren mit einem nur mit einer Stoffmaske geschützten Superspreader in einem geschlossenen Raum.

Hintergrund der Eskapade ist, dass Trump, der aus der Verachtung für „Loser“ ein politisches Programm gemacht hat, längst ein Verlierer ist. Nicht weil er krank – oder wie das Cocktail von Medikamenten vermuten lässt –, vielleicht sogar schwer krank ist. Sondern weil er sich selbst nicht geschützt hat. Und weil er mutwillig die Ansteckung weiterer Personen in Kauf genommen hat.

Einen Monat vor den Wahlen ist die Pandemie, die Trump aus seinem Wahlkampf verdrängen wollte, zu dem beherrschenden Thema in den USA geworden. Mit mehr als 209.000 Toten haben sie längst die größte Opferzahl aller Länder. Mit einem törichten Präsidenten ohne Plan haben sie die Garantie, dass ihre Lage noch schlechter werden wird.

Möglicherweise will Trump tatsächlich seine Schwäche kaschieren und zeigen, dass er seinen Wahlkampf fortsetzen kann. Möglicherweise war die Eskapade vom Sonntagabend nur das erste von weiteren Superspreader-Ereignissen. Bei Trump ist nichts ausgeschlossen.

Aber dass ihm das bei den Wahlen im November helfen wird, ist unwahrscheinlich. Von so etwas lassen sich allenfalls Narren und Dummköpfe beeindrucken. Und die gehören ohnehin längst zu seiner Stammwählerschaft.

Dorothea Hahn, New York

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