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wochenschnackPlatz da!

Unser Fahrradschwerpunkt provozierte Reaktionen, besonders das Interview mit der Verkehrsaktivistin Katja Leyendecker

Hier entsteht ein Fahrradweg, bald gibt‘s mehr Platz Foto: Miguel Ferraz

Grundsätzlich auf die Fahrbahn

„ Oft geht das nur durch Ausweichen auf (...)die Fahrbahn.“

Ja, das sieht die Straßenverkehrsordnung genau so vor. Fahrräder sind Fahrzeuge und Fahrzeuge fahren auf den Fahrbahnen. Was ist daran jetzt besonders erwähnenswert?

Also „ausweichen“ ist natürlich falsch. Radler gehören grundsätzlich auf die Fahrbahn, dann braucht auch niemand mehr dahin „auszuweichen“. Wagenbär, taz.de

Mit und ohne Schild

@Wagenbär Wenn ein „echter“ Radweg (mit Schild) vorhanden ist, besteht Benutzungspflicht. Man kann dann noch klagen, wenn der Radweg nicht der Norm entspricht (was häufig der Fall ist), dann wird das Schild entfernt. Auf meinen bevorzugten Strecken wechseln sich deshalb Radwege mit und ohne Schild ab.

Auf der Straße zu fahren, quasi als „politisches Radfahren“, probiere ich öfter, gebe es dann aber wieder auf, weil ich auch nicht schneller vorwärtskomme und es natürlich noch gefährlicher ist. Mika, taz.de

Statistisch ist die Straße sicherer

@Mika So komisch es klingt, aber Radwege sind nicht sicherer als die Fahrbahn - mag sein, dass Sie sich sicherer FÜHLEN, aber statistisch betrachtet ist die Fahrbahn sicherer! (vgl. Untersuchung vom ADFC)

zebra, taz.de

Raus aus der Stadt

@Wagenbär Einverstanden. Und Autos gehören ganz raus aus der Stadt. Mindestens 90 Prozent davon (die restlichen 10 Prozent mögen sich die viel zitierten Handwerker teilen).

tomás zerolo, taz.de

Auch Väter mit Rad

Jetzt kann man natürlich argumentieren: Und wie ist das dann bei kinderlosen Frauen oder Männern mit Kindern?

Ich, Mann, möchte auch komfortable Radwege, egal ob mit Kind/Einkauf, egal ob auf geraden oder verschlungenen Wegen. Das Problem sind nicht fehlende frauengerechte Radwege, sondern gerechte Radwege, auf Augenhöhe mit dem MIV. Eine acht Meter breite Fahrbahn je Richtung braucht nicht einen 1m breiten Radfahrstreifen und zwei Fahrspuren für Autos, sondern für den MIV und den Radverkehr je einen Fahrstreifen. Seitenstraßen in Wohngebieten könnten grundsätzlich Tempo 30/Fahrradstraßen sein.

Berliner Berlin, taz.de

Uralte Klischees

Hm, wenn man die verlinkte Statistik mobilitaet-in-deutschland anklickt, erhält man aber sehr ausgeglichene Werte für weibliche und männliche FahrradnutzerInnen. So sind bei den Befragten, die angaben, täglich mit dem Fahrrad zu fahren, immerhin 48 Prozent weiblich, der Rest männlich.

Abgesehen davon finde ich es merkwürdig, erst von unfreiwilligen Gender-Zuordnungen zu schreiben – und dann uralte Klischees über geradlinig zur Arbeit fahrende Männer und zwischen Einkaufsladen und Kita pendelnde Mütter zu schreiben.

taz nord | Stresemannstraße 23 | 22769 Hamburg | briefe@taz-nord.de | www.taz.de

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Verglichen damit sieht die Realität zumindest in der Berliner Innenstadt, die ich täglich erlebe, sehr paritätisch aus: Da kaufen Männer wie Frauen ein und nutzen Fahrradtaschen für den sicheren Heimtransport des Einkaufs. Auf dem Rad- oder Gehweg ist das Verkehrsaufkommen von Männern und Frauen beim Weg zur Kita auch ähnlich. Auf den großen, geradlinigen Radwegen in die Innenstadt sehe ich immer viele Frauen – auch welche ohne Kinder im Kita-Alter – die nicht so wirken, als beführen sie gerade vielfältige, soziale Wegeketten. Ich glaube, die wollen einfach nur schnell zur Arbeit.

Wie bessere Radwege speziell für Frauen aussähen, wird ja leider – oder zum Glück?– auch nicht erklärt.

Der Ausbau von Radwegen erscheint mit absolut wichtig, gerade im Hinblick auf sicher fahrende Kinder. In diese Forderung romantisierende Bilder von vielfältigen, sozialen, ständig mit Care-Arbeit beschäftigten Frauen einzustreuen, ist mit etwas zu beliebig. Michael Fink, taz.de

Kritisieren oder zementieren?

@Michael Fink Ich teile Ihre Kritik an den Aussagen von Frau Leyendecker. Dass es auch Frauen ohne Kinder, alleinerziehende Männer, Paare mit nicht-traditioneller Rollenverteilung und vor allem jede Menge allein lebende Personen gibt, bei denen von einer Geschlechterrollenverteilung von vornherein keine Rede sein kann, wird von Frau Leyendecker hartnäckig ignoriert.

Frau Leyendecker erklärt auch nicht, wieso der Staat überkommene Geschlechterrollenverteilungen fördern sollte, indem er seine Verkehrspolitik ausgerechnet an Frauen orientiert, die diese Rollenverteilung leben. Sie muss sich schon entscheiden: Will sie kritisieren, dass die traditionelle Rollenverteilung angeblich immer noch vorherrscht, oder will sie diese Zustände dadurch zementieren, dass sie den Radwegebau daran ausrichten will?

Und bei der offenbar obligatorischen Erwähnung von Senioren und „behinderten Menschen“ wird außer Acht gelassen, dass es sehr viele Behinderte und Senioren gibt, die nicht Rad fahren können und für die Radfahrer, die nicht auf der Fahrbahn fahren, eine Gefahr sind. Das spricht zwar nicht gegen den Ausbau von Radwegen, aber es sollte nicht so getan werden, als seien die Forderungen von Frau Leyendecker automatisch positiv für Senioren und Behinderte. Budzylein, taz.de

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