: In rechter Gesellschaft
Laut Verfassungsschutzbericht ist die Zahl der Rechtsextremen in Brandenburg auf dem höchsten Stand in der Geschichte des Landes
Die Zahl der Menschen in Brandenburg, die der Verfassungsschutz dem Rechtsextremismus zuordnet, ist so hoch wie noch nie – auch wegen AfD-Verdachtsfällen. Im vergangenen Jahr habe das Potenzial an Rechtsextremisten mit 2.765 den höchsten Stand in der Geschichte des Landes erreicht, sagte Verfassungsschutzchef Jörg Müller am Montag in Potsdam bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichts.
Im Jahr 2018 zählte die Behörde 1675 potenzielle Rechtsextremisten. „Gleichzeitig ist das der sechste Anstieg in Folge“, sagte Müller. Innenminister Michael Stübgen (CDU) nannte die Entwicklung besorgniserregend. Auch die Zahlen potenzieller Linksextremisten und islamischer Extremisten stiegen.
Im Land gelten 1.280 Rechtsextremisten als gewaltorientiert – fast die Hälfte aller potenziellen Rechtsextremisten. Die Zahl rechter Gewaltstraftaten ging allerdings von 123 im Jahr 2018 auf 90 im vergangenen Jahr zurück. Die NPD hatte 2019 noch 260 Mitglieder, 20 weniger als zuvor, wie aus dem Bericht hervorgeht. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass die NPD zwischen der AfD und der rechtsextremistischen Partei „Der Dritte Weg“ zerrieben wird.
Linksextremismus weniger relevant
Stübgen sieht unter anderem in der steigenden Zahl der Flüchtlinge eine Ursache für zunehmenden Rechtsextremismus. „Im Zuge der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 ist parallel dazu ein gefährliches politisches Umfeld entstanden“, sagte er. „So soll der Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft verankert werden.“ Hierzu zähle die Brandenburger AfD, aber auch „Zukunft Heimat“. Er verwies auf den Maßnahmenplan gegen rechts, zu dem der verstärkte Kampf gegen Extremismus zählt.
Im vergangenen Jahr sank die Zahl sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter um 50 auf 600. Sie erkennen die Bundesrepublik, ihre Gesetze und ihre Behörden nicht an.
Die Zahl potenzieller Linksextremisten stieg 2019 auf 650 Anhänger – nach 620 im Jahr zuvor. Die Zahl sei zum sechsten Mal in Folge gewachsen, auf den höchsten Stand seit 2004. Der Verfassungsschutz zählte 240 gewaltbereite Autonome. Die „Rote Hilfe“, die politisch motivierten Straftätern Rechtsbeistand gebe, sei gewachsen. Die Zahl linker Gewaltstraftaten nahm um sechs auf 24 zu. Der Linksextremismus sei im Vergleich zum Rechtsextremismus aber deutlich weniger relevant.
Die Zahl islamistischer Extremisten sei um zehn auf 190 gestiegen, sagte Verfassungsschutzchef Müller.
Die SPD-Innenpolitikerin Inka Gossmann-Reetz hält „insbesondere die Versuche von Rechtsextremen, Neuen Rechten und Reichsbürgern, in der Mitte der Gesellschaft Anschluss zu finden“, für besorgniserregend. (dpa)
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