Frankreichs Hilfe hält sich in Grenzen

Aus Paris Rudolf Balmer

Der Gipfel der sieben EU-Mittelmeerstaaten auf Korsika am 10. September, kurz nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos, wäre der ideale Anlass gewesen, eine gemeinsame und glaubwürdige Rettungsaktion für die humanitäre Katastrophe anzukündigen. Der Gastgeber, Staatspräsident Emmanuel Macron, beschränkte sich aber darauf, eine „deutsch-französische Initiative“ anzukündigen. Dazu sagte er: „Europa darf sich nicht mit Worten der Solidarität begnügen und muss eine Politik der solidarischen Taten vorschlagen. Wir müssen diese Migrationskrise ins Zentrum unserer Diskussionen stellen und viel konkreter werden.“

Gleichzeitig bestätigte Macron aber, dass diese konkrete und tatkräftige Hilfe nicht etwa in der Aufnahme von Tausenden von obdachlosen Vertriebenen bestehen könne: „Wir müssen vor allem die sofortige Hilfe bringen und eine bessere Unterbringung der Laute vor Ort garantieren.“ Hingegen soll die Europäische Union laut Macron nur etwa 400 minderjährige Opfer der Brandkatastrophe auf Lesbos aufnehmen. Frankreich denke dabei an 100 Personen und mochte im Unterschied zu Deutschland nicht „konkreter“ werden, sagte dazu der Staatssekretär für Europa, Clément Beaune, Dass Deutschland jetzt 1.500 Menschen von Lesbos übernehmen will, scheint die französische Regierung nicht in Verlegenheit zu bringen.

Wirklich unter Druck zu mehr humanitärer Großzügigkeit steht die französische Staatsführung nicht, denn Moria ist kaum mehr ein Thema. Das hat Tradition: Schon beim Flüchtlingsproblem im französischen Calais am Ärmelkanal, wo derzeit sogar die Ausgabe von Mahlzeiten durch die Hilfsgruppen Schikanen unterliegen, oder bei der Vertreibung von obdachlosen Migranten und Flüchtlingen am Stadtrand von Paris schauten weite Teile der Öffentlichkeit weg.

Appelle von Flüchtlingsorganisation wie France Terre d’Asile stoßen im Land nur auf ein geringes Echo. „Frankreich könnte durchaus mehrere Hundert Menschen (aus Moria) aufnehmen, das wäre bloß ein Tropfen im Vergleich zur Bevölkerung und zur Zahl der Menschen, die wir beherbergen. Wir sind bereit, dabei unsere Hilfe zu leisten, es eilt“, schlägt Hélène Soupios-David, die Sprecherin dieser Gruppe, vor.

Ganz anders – und doch erwartungsgemäß – reagierte dagegen die extreme Rechte: „Alle Flüchtlinge auf Lesbos sind illegale Einwanderer, sie müssen in ihre Herkunftsland zurück“, fordert Jordan Bardella, die Nummer zwei des Rassemblement national (Ex-FN). „50, 150 oder 500, das ist nicht die eigentliche Frage“, meint Yves Pascouau vom Thinktank Res Publica. Es gehe vielmehr darum, statt einer bloßen Reaktion auf ein Ereignis eine „echte Migrationspolitik an den Toren Europas“ zu organisieren, wünscht er.