Verkauf des Gruner + Jahr-Verlagshauses: Die Stadt zieht zurück

Hamburg will das denkmalgeschützte Verlagshaus von Gruner + Jahr doch nicht kaufen und lässt einem Investor den Vortritt. Für die Linke ein Unding.

Das Gruner + Jahr-Verlagsgebäude im Hamburger Hafen

Geht jetzt doch nicht in die Hände der Stadt Hamburg über: Gruner + Jahr-Verlagsgebäude im Hafen Foto: imago images/ Waldmüller

HAMBURG taz | Die Stadt Hamburg wird das Verlagshaus von Gruner + Jahr nun doch nicht kaufen. Das wurde am Mittwoch bekanntgeben. Neuer Eigentümer wird stattdessen der New Yorker Immobilienkonzern Tishman Speyer. Der private Investor kann das schiffsartig anmutende Gebäudeensemble am Baumwall Nummer 11 übernehmen, sobald Gruner + Jahr in das neue Gebäude in der Hafencity gezogen ist.

Der Erwerb des Areals am Baumwall durch Tishman Speyer, ein weltweit tätiges Immobilienunternehmen, das unter anderem das Rockefeller-Center in New York besitzt, hat Irritationen ausgelöst. Denn eigentlich wollte die Stadt das Gebäude für die Uni kaufen.

Der Senat konterkariere die stadtentwicklungspolitischen Ziele, kritisiert die Linke. Dass ein Immobiliengigant in Besitz eines zentral gelegenen Grundstücks gelange, sei angesichts des begrenzten innerstädtischen Wohnraums nicht hinnehmbar, sagt Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken.

Noch im Herbst vergangenen Jahres habe Rot-Grün verkündet, durch die vermehrte Bestellung von Erbbaurechten den langfristigen Zugriff der Stadt auf Boden sowie eine Steuerungsmöglichkeit für nachfolgende Generationen sichern zu wollen. „Das wird nun über den Haufen geworfen“, so Sudmann. Auch wenn das Grundstück denkmalgeschützt sei, könne man Wohnraum schaffen oder die Räume der Uni zur Verfügung stellen.

Das Verlagshaus von Gruner + Jahr wurde von 1987 bis 1990 erbaut. Der postmoderne Entwurf stammt von den Architekten Otto Steidle und Uwe Kiessler.

Es gilt als das erste Gebäude in Hamburg, mit dem die bis dahin eher rein hafenwirtschaftlich genutzte Hafenrandlage umgewandelt wurde.

Das Grundstücke am Baumwall ist rund 27.750 m² groß. Der Gebäudekomplex besteht aus zwei Bauteilen und einem Turm und hat insgesamt eine Bruttogeschossfläche (BGF) von rund 69.000 m².

Teil des Ensembles ist das seit 1983 unter Denkmalschutz stehende Getreideheberhaus,

Im Dezember 2019 gab der Verlag seine Umzugspläne in die Hafencity bekannt, 2021 hätte die Stadt Hamburg das Gebäude dann kaufen wollen.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sieht das anders. In dem 2016 geschlossenen Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und Gruner + Jahr hätten sich die beiden Parteien auf ein einseitiges Rücktrittsrecht geeinigt und man habe sich nun auf dieser Grundlage auf einen Aufhebungsvertrag verständigt, so Dressel. Es sei das Interesse der Stadt gewesen, dem Verlag mit dem Kauf der Immobilie am Hafenrand bei seiner Suche nach einem neuen Standort an Hamburg zu binden. Im Gegenzug sei die Stadt finanziell für ihren Aufwand in den Verhandlungen entschädigt worden.

Wenn das Unternehmen nun einen anderen Käufer gefunden habe, der die Entwicklung des Gebäudes „im Sinne unserer stadtentwicklungspolitischen Ziele“ umsetze, werde die Stadt dem nicht im Wege stehen, sagte Dressel. Tishman Speyer brauche jetzt einen städtebaulichen Vertrag, um beispielsweise den Parkplatz neben dem Gebäude bebauen zu können. Somit habe die Stadt einen Einfluss auf die künftige Nutzung, sagte Dressel. In den nächsten zwei Wochen sollen Verhandlungen zwischen Stadt und Tishman Speyer über die zukünftige Nutzung des Areals starten.

Florian Reiff von Tishman Speyer erwartet einen „ergebnisoffenen Dialog“. Es sei zu früh, um Konkretes über die zukünftige Nutzung des Komplexes zu sagen. Man sei aber für einen Ideenwettbewerb oder eine Bürgerbeteiligung offen.

Vor dem Umzug in das jetzige Gebäude war Gruner + Jahr am sogenannten Affenfelsen neben dem US-amerikanischen Konsulat an der Außenalster ansässig. 1990 zog Gruner + Jahr in das damals neu entworfene und gebaute Pressehaus am Baumwall. Nach 30 Jahren wird der Hamburger Verlag in ein paar Jahren in die Hafencity ziehen. Das neue Verlagsgebäude wird am Lohsepark entstehen – der Entwurf ist schlicht, eckig und ohne großen Wiedererkennungswert. Anders als das alte Verlagshaus.

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