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Archiv-Artikel

Liberale wollen Arbeitsverbot für Asylbewerber kippen

AUSLÄNDERRECHT FDP-Generalsekretär Dirk Niebel will auch Residenzpflicht „überdenken“

BERLIN taz | Führende FDP-Politiker haben sich für weitreichende Liberalisierungen in der Ausländerpolitik ausgesprochen.

So forderte Generalsekretär Dirk Niebel, Asylbewerbern eine Arbeitserlaubnis zu erteilen: „Diese Menschen sollten ihren Lebensbedarf durch eigenen Verdienst decken dürfen, statt zum Bezug von Sozialleistungen gezwungen zu werden,“ sagte Niebel. Es sei „Teil des liberalen Selbstverständnisses“ der FDP, dass Menschen „selbst für ihren Unterhalt sorgen können“. Derzeit ist es Asylbewerbern bis auf wenige Ausnahmefälle verboten zu arbeiten. Sie erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die deutlich unter den Hartz-IV-Sätzen liegen und teils als Sachleistungen ausgegeben werden.

Weiter wandte sich Niebel gegen die sogenannte Residenzpflicht. Dabei handelt es sich um eine europaweit einzigartige Bestimmung des Aufenthaltsgesetzes. Sie verbietet Asylbewerbern und Geduldeten, den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen. „Die Residenzpflicht hat sich in der Vergangenheit oft als unpraktikabel erwiesen und unnötige Strafverfahren nach sich gezogen. Sie muss deshalb überdacht werden“, sagte Niebel. „Unsere Positionen werden wir genau so in die Koalitionsverhandlungen einbringen“, sagte er zur taz. Da die CDU „das aber genauso tun werde“, sei unklar, wie viele der angestrebten Lockerungen die FDP durchsetzen könne.

Auch die sogenannten Kettenduldungen – wiederholt kurzfristig erteilte, begrenzte Duldungen – haben die Liberalen im Blick. Der baden-württembergische Innenpolitiker Hartfrid Wolff forderte eine „nachhaltige, bundesgesetzliche Regelung“, um dies abzuschaffen. „Kettenduldungen verhindern nur Integration,“ sagte Wolff. Derzeit leben mindestens 60.000 langjährig Geduldete in Deutschland. Sie können nicht abgeschoben werden, dürfen aber meist weder arbeiten noch studieren und müssen in Sammelunterkünften leben. Als erster Schritt müsse die Bleiberechtsregelung verlängert werden. Ansonsten drohe zum 1. Januar 30.000 Menschen der Rückfall in die Duldung.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, der bayrische FDP-Abgeordnete Max Stadler, wandte sich derweil gegen Abschiebungen nach Griechenland. Dort gebe es derzeit kein rechtstaatliches Asylverfahren, sagte Stadler. Die Behörden seien wegen des Andrangs neu ankommender Migranten „völlig überlastet“. Durch das Dublin-II-Abkommen werden Asylbewerber, die über Griechenland in die EU kommen, von anderen Ländern dorthin zurückgeschoben. Dies müsse „grundsätzlich überdacht werden“, so Stadler. CHRISTIAN JAKOB