„Libération“-Chef geht in die Politik

Laurent Joffrin will „soziale, ökologische und republikanische“ Sammlungsbewegung gründen

Aus Paris Rudolf Balmer

Bei der französischen „Schwesterzeitung“ der taz, Libération, ist alles in Bewegung. Die finanzielle Unabhängigkeit wird in Zukunft durch eine Stiftung garantiert, der bisherige Hauptaktionär, Patrick Drahi und dessen Gruppe Altice, zieht sich in den Hintergrund zurück. Der bisherige Chef, Laurent Joffrin (68), überlässt die Führung dem neuen Generaldirektor Denis Olivennes.

Das aber ist nicht alles: Überraschend hat Joffrin am Donnerstagabend der versammelten Redaktion mitgeteilt, dass er die Zeitung verlässt.

Joffrin wechselt vom Journalismus in die politische Arena. Er hat sich als ehrgeiziges Ziel vorgenommen, die heute gespaltene und desorientierte Linke mit einer „sozialen, ökologischen und republikanischen“ Sammlungsbewegung zu reorganisieren. Nur so, glaubt er, hat das linke Lager eine Chance, 2022 bei den Präsidentschaftswahlen ein deprimierendes Remake einer Stichwahl Emmanuel Macron kontra Marine Le Pen vom rechten Rassemblement National zu vermeiden.

Neuer Chefredakteur soll laut Medieninformationen Dov Alfon werden. Dieser war von 2008 bis 2011 Korrespondent von Ha’aretz in Paris und leitete die renommierte israelische Zeitung zuletzt als Chefredakteur.

Am Montag möchte Joffrin in einer Pressekonferenz mehr zu seinem Projekt sagen. Angeblich kann sich Joffrins Vorhaben bereits über die Unterstützung von rund hundert Intellektuellen, ExpertInnen und bekannten VertreterInnen von Vereinigungen freuen. Nicht zu den Erstunterzeichnern des Appells zu einer Neugründung der französischen Linken gehören dagegen vorerst Persönlichkeiten der linken Parteien.

Parallel dazu publiziert Joffrin ein neues Buch mit dem programmatischen Titel „Anti-Macron“. Darin sind zahlreiche Kommentare aufgeführt, die namentlich die Politik, den Stil und die Pläne des derzeitigen Staatspräsidenten und seiner Partei „La République en ­marche“ kritisieren.

Joffrin hatte die Libération in seinem Leben mehrfach verlassen und war wieder zurückgekehrt. Zuletzt wechselte er 2014 wieder vom Wochenmagazin Le Nouvel Observateur an die Spitze des Blattes.